Heft 
(2018) 106
Seite
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28 Fontane Blätter 106 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes Mittlerweile sind viele dieser Bilddateien mit einem Texterkennungspro­gramm verknüpft, so dass eine Volltextsuche möglich ist. Wer bei der er­weiterten Suche den Namen ›Fontane‹ für den Zeitraum 1840 bis 1898 ein­gibt, landet bei fast 2.500 Treffern. Die meisten dieser Treffer erweisen sich freilich als Irrläufer(etwa Fehllesungen ›Fontäne‹ oder ›Fontana‹ für Fon­tane, Nennung der Ortsbezeichnung»Tre Fontane«, Erwähnung anderer Personen mit dem Namen Fontane oder(später) des Verlags von Friedrich Fontane). Dennoch lohnt sich, wie die obige Skizze belegt, eine sorgfältige Durchsicht all dieser Einträge, auch wenn sie zeitraubend und aufwendig ist. Absolute Vollständigkeit kann dabei nicht erreicht werden. Das Texter­kennungsprogramm versagt etwa an Stellen, wo Fontanes Name gesperrt erscheint, aber auch an Bildern mit mangelhafter, verschmutzter oder sonstwie korrumpierter Druckvorlage. Hier wird sein Name nicht erkannt. Vielleicht muss man aber auch nur eine Zeitlang warten. Denn das Zei­tungsportal Anno wird laufend ergänzt und verbessert, so dass wir in den kommenden Jahren mit weiteren Fontane-Funden aus der österreichischen Medienlandschaft des 19. Jahrhunderts rechnen können. Kein österreichischer Kritiker hat zwischen 1871 und 1882 öfter über Fontane geschrieben als Karl von Thaler. Erwähnt wird sein Name bei Fontane nirgendwo, weder in Briefen noch in Tagebuchaufzeichnungen. Dabei gehörte der geborene Wiener zu den einflussreichsten und bekann­testen Literaturkritikern und Feuilletonisten der österreichischen Presse. Als langjähriger politischer Leitartikler, Feuilletonist und Chef des Litera­turteils der liberalen Neuen Freien Presse war er eine Institution in der kulturellen Szene Wiens, pflegte gute Beziehungen zu zahlreichen Autoren und Autorinnen wie Leopold Kompert, Ferdinand von Saar oder Marie von Ebner-Eschenbach, 5 verkehrte im Haus des Burgtheaterdirektors Hein­rich Laube und führte lange den Wiener Zweigverein des Deutschen Schriftstellerverbandes. Neben der Neuen Freien Presse schrieb von Tha­ler auch einige Jahre für Die Presse. 6 Er genoß in weiten Teilen der Leser­schaft, aber auch unter vielen seiner Zunftgenossen großes Vertrauen und Ansehen. Ernst Eckstein zählte Karl von Thaler 1876 in seiner Geschichte des Feuilletons zu den namhaften Wiener Feuilletonisten, nennt ihn»als Kritiker maßvoll«, denn»da er selbst auf verschiedenen dichterischen Ge­bieten thätig ist, so empfindet er Achtung vor der poetischen Production, was sich von der Mehrheit der Wiener Feuilletonisten nicht immer behaup­ten läßt.« 7 Tatsächlich ist von Thaler anfangs auch mit einigen wenigen Dichtungen öffentlich aufgetreten, Dichtungen, die vor allem von seiner politischen Haltung zeugen. In Sturmvögel. Geharnischte Sonette(Mann­heim, 1860) und in seinem Gedichtband Aus alten Tagen(Hamburg, 1869) verschrieb er sich der vaterländischen Lyrik und gab sich ganz seiner deutsch-nationalen Stimmung hin. Auch in einem(nicht für Bühnenzwe­cke gedachten) Gelegenheitsstück Michels Versucher. Eine aristophanische