Fontane in der zeitgenössischen österreichischen Presse Rasch 35 Franzosen, für das theatralische Element in ihrem Charakter. Zwei sehr komische Vertreter des landesüblichen Pathos führt er uns in dem reformirten Prediger von Oléron und dem Cantinier des Gefängnisses vor. Die Scene, in welcher Letzterer von dem Schriftsteller Abschied nimmt und ihn umarmt, ist wie aus einem Lustspiel herausgegriffen. Sehr drollig nimmt sich auch die Verpflichtung aus, die Fontane bei seiner Freilassung auferlegt wurde. Er mußte ein Papier unterzeichnen, worin er versprach,»einerseits nach Maßgabe seines Einflusses auf die Befreiung eines französischen Oberofficiers hinwirken, andererseits gegen Frankreich weder irgend etwas sagen, noch schreiben, noch thun zu wollen«. Fontane hat trotz der Lächerlichkeit dieses Reverses sein Versprechen treulich gehalten und in seinem Buche steht kein Wort gegen Frankreich. Der einzige Tadel, den er ausspricht, ist verdient genug. Er betrifft die Wegschleppung der baierischen Kranken und Verwundeten aus Orleans, nachdem Aurelles de Paladine Mitte November diese Stadt wiedererobert hatte. Um dem Volke eine größere Anzahl von Gefangenen zeigen zu können, leerte man die deutschen Spitäler. Das war eine Grausamkeit, die man nicht entschuldigen kann. K. v. Th. Die Presse. Wien. Nr. 109, 20. April 1871,[Beilage:] Local-Anzeiger der»Presse«, S. 14–15 Der Mainfeldzug von 1866. »D e r d e u t s c h e K r i e g vo n 1866.« Von Theodor Fo n t a n e. Mit Illustrationen von Ludwig Burger. Zweiter Band:»Der Feldzug in West- und Mitteldeutschland.« Berlin 187l, Verlag der königlichen Geheimen-Ober-Hofbuchdruckerei R. v. Decker. Kürzlich haben wir den ersten Band dieses Prachtwerkes angezeigt und die Vorzüge der ruhigen, leidenschaftslosen Darstellung anerkannt, durch welche es sich vor den meisten anderen Schriften über den Krieg von 1866 auszeichnet. Nun liegt uns der zweite und letzte Band vor, der die Kämpfe der preußischen Mainarmee gegen Oesterreichs Bundesgenossen behandelt. Wenn wir von Langensalza absehen, wo die Hannoveraner allerdings mit mehr als doppelter Uebermacht siegten und dennoch nur siegten, um zwei Tage später die Waffen zu strecken, so war der ganze Feldzug der Mainarmee eine ununterbrochene Reihe glänzender Erfolge gegen weitüberlegene Streitkräfte. Gefechte wie jene von Kissingen und Frohnhofen, von Aschaffenburg und Uettingen sind schwer zu schildern, ohne dem Besiegten wehe zu thun. Fontane versteht es vortrefflich, den süddeutschen
Heft
(2018) 106
Seite
35
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