Heft 
(2018) 106
Seite
61
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Gretes Amulett und Effis Chinese  Wegmann 61 nommen. Sie wird zu einem Niemand gemacht. Das Wunder dieser Figur besteht darin, dass sie trotz all dieser Gewalt einen Kern von Unantastbar­keit bewahren kann. Neben dem Kessiner Kirchhof befindet sich in einem»eingefriedete[n] Platz, nicht viel größer als ein Gartenbeet« 62 , das Grab des Chinesen. Beim Vorbeigehen hat Effi jeweils kaum hinzusehen gewagt, weil sie fürchtete, sie könnte»ihn sonst auf dem Grabe sitzen sehen« 63 . Das Grab des Chinesen ähnelt in seiner Schlichtheit dem künftigen Grab Effis, das im Garten des Elternhauses stehen wird bloß eine Stelle mit einer weißen Marmorplatte, einem Namen und einem Kreuz. Gespenster sind Projektionen aus einer anderen Realität in die ›Normal­welt‹ hinein, übersinnlich-sinnliche Wesen, die als flüchtige Erscheinungen flackernd auftauchen. Stofflose Imagos. Als ›Erscheinungen‹ sind Gespens­ter Bilder, so dass man sich im Umkehrverfahren fragen könnte, ob nicht Bilder so etwas wie Gespenster seien. Auch sie sind ja ›sinnlich-übersinn­lich‹, besitzen einen Körper und sind doch am Ende körperlos»Nicht­Objekte« 64 , wie sie Roland Barthes einmal definiert hat. Bilder sind ganz da und doch nicht wirklich ›da‹. Gerade diese doppelte Realität hat die Men­schen seit je in Bann gezogen und diese Faszination konnte leicht zur Bild­magie werden.