Heft 
(2018) 106
Seite
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Der Mond über dem Stechlin Wolpert 69 sein Vater zu Beginn der Romanhandlung(Anfang Oktober) fest; d. h. es müßte sich um den Oktober des Jahres 1894 handeln. Dubslav geht im Frühjahr darauf»Gerad ins Siebenundsechzigste«(436), war aber»erst nach zweimaliger Scheiterung siegreich durch das Fähnrichsexamen ge­steuert und gleich danach bei den brandenburgischen Kürassieren einge­treten« und zwar zeitgleich mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV.[1840](8, 9). Danach wäre Dubslav also als etwa Siebenjähriger bei den Kürassieren eingetreten; und dies, nachdem er vorher zweimal durchs Fähnrichsexamen gefallen war. Das aber ist kaum möglich. 2 Die externen Daten wirken auf den ersten Blick hin schlüssiger: Noch im Oktober findet der Ausflug zum Eierhäuschen statt und Woldemar er­zählt von der Verehrung seines Lehrers, des Pastors Lorenzen, für den portugiesischen Dichter Joao de Deus.»Er ist tot, aber seit kurzem erst« (185). Joao de Deus starb am 11. Januar 1896; das spricht für den Beginn der Handlungszeit im Oktober 1896. Rex und Czako erwähnen im Nachge­spräch zu der Abendgesellschaft am 3. Oktober in Stechlin die Verurteilung des Hofpredigers Stöcker durch Wilhelm II.(53). Diese wurde am 28. Feb­ruar 1896 ausgesprochen und am 10. Mai 1896 veröffentlicht; auch dies spricht für den Gesprächstermin im Oktober 1896. Infolgedessen müßte die Trauung des jungen Paares Armgard und Woldemar am Ende des Februar im Jahre darauf(344, 345), im Jahr 1897, stattgefunden haben. Doch Emil Frommel, der das Paar traute, ist bereits am 9. November 1896 gestorben. Und die Mission einer Abordnung des 1. Garde-Dragoner-Regiments nach England»Nachdem wir ›Regiment Königin von Großbritannien und ­Irland‹ geworden sind, war ›dies uns drüben vorstellen‹ nur noch eine Fra­ge der Zeit«, schreibt Woldemar, der im Roman dieser Abordnung»beige­sellt« ist, an seinen Vater(262) fand in Wirklichkeit schon 1889 statt. Auch hier also könnte gelten, was Hugo Aust in seinem Studienbuch zu dem Roman Stine anmerkt: Will man diese zeitlichen Verschiebungen nicht als Schnitzer des Autors auffassen[] und ihnen vielmehr eine Aussageabsicht unterstellen, so ergibt sich eine Spur, die ihren Verlauf durch absichtliche Verwischung anzeigt. Fontanes Realismus suchte demnach die postalische und kalen­darische Genauigkeit, um sie im selben Zug aufzuheben. Der Eindruck, daß der Zeitverlauf nicht stimmt, daß also die Zeit gelegentlich aus den Fugen gerät, könnte dann zu dem gehören, was die Erzählung über­haupt zum Ausdruck bringt[]. 3 Hier im Stechlin vielleicht weniger, weil»›Geschichtenerzähler‹, zumal die realistischen, ›verschwommen‹ denken müssen« 4 (Th. Mann: Briefe, Bd. 3, S. 527), sondern weil zum einen so Pastor Lorenzen in seiner Grabrede der alte Herr von Stechlin das hatte,»was über alles Zeitliche hinaus liegt« (448) und weil zum andern der Text, der hier möglicherweise(wie ja oft) mehr weiß als der Autor, ganz im Sinne von Willibald Schmidts ­Diktum