Heft 
(2018) 106
Seite
147
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Berbig, Faber, Müller-Busch(Hrsg.): Krankheit, Sterben und Tod  Helmer 147 Formen der Kommunikation in weit stärkerem Maße auf als die übrigen Romane. Indem er in den früheren Werken erprobte Darstellungsverfahren radikalisiert, trägt der Roman in seiner Metasprachlichkeit und Selbstrefle­xivität wie in der»Kombination von Beiläufigkeit und durchkomponierter Form«(S. 221) Züge der literarischen Moderne. Eine Entwicklungslinie zeichnet Katharina Grätz auch für den Lyriker Fontane, indem sie zeigt, wie er, der von jeher in Distanz zum Stimmungs­haft-Subjektiven stand und die Gattungsgrenzen zum Dramatischen und Epischen hin ausweitete, um 1875 die Ballade für die Welt der Moderne öffnet. Hierbei gelingt es ihm etwa in John Maynard, das individuelle Hel­dentum in die technisch geprägte Moderne hinüberzuretten, in Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland»in einer prosaischen Alltagswelt das Poe­tische der naturmagischen Ballade aufleben zu lassen«(S.  237). Seine späten Gedichte, die verstärkt autobiografische Elemente aufgreifen, unter­laufen zugleich die Konvention subjektiver, gefühlsbetonter Lyrik durch ihre Betonung des Trivialen und Alltäglichen sowie durch ihre Ironie- und Distanzierungsstrategien und weisen Katharina Grätz zufolge voraus auf die Tonlage der Neuen Sachlichkeit. Gegen die Grundkonzeption dieser Monografie könnte man einwen­den, dass sie dem von Thomas Mann initiierten und von Hans-Heinrich Reuter maßgeblich geprägten teleologischen Fontane-Bild(»wie er ganz zuletzt war, so war er eigentlich«) verpflichtet sei. Doch Katharina Grätz kommt trotz ihrer Wertschätzung Fontanes ohne derlei Überhöhung aus und nimmt sinnvollerweise die Position eines heutigen Lesers zum Aus­gangspunkt(»was lesen wir heute von Fontane?«). Aus dieser Warte zeich­net sie die Entwicklung des Autors und deren Bedingungen nach, wobei sie das Wesentliche konzentriert, aber ausgewogen darstellt und gleich­wohl vor Akzentsetzungen und Gewichtungen nicht zurückscheut. Auf diese Weise ist ein wohltuend straffes, brauchbares und fesselnd zu lesen­des Buch entstanden, für Fontane-Einsteiger ebenso zu empfehlen wie für »alte ­Hasen«. Christine Hehle Roland Berbig, Richard Faber, H. Christof Müller-Busch(Hrsg.): Krankheit, Sterben und Tod im Leben und Schreiben europäischer Schriftsteller. Band 1: Das 18. und 19. Jahrhundert; Band 2: Das 20. und 21. Jahrhundert. Würzburg: Königshausen& Neumann 2017. 294; 326 S. 39,80 Die zwei aus einer Ringvorlesung an der Humboldt-Universität Berlin 2015/2016 hervorgehenden Sammelbände befassen sich mit dem Anlie­gen, Reflexionen von Krankheit, Tod und Sterben im Werk bedeutender europäischer Schriftsteller»aus Anlass lebensgeschichtlich prägender