168 Fontane Blätter 106 Rezensionen und Annotationen von Eva Chrambach ein umfassendes Bild verschaffen. Die umfangreiche Korrespondenz mit Personen wie Karl Gutzkow, Charlotte Birch-Pfeiffer, Franz von Dingelstedt, Bogumil Dawison und Paul Heyse macht den Wert dieses Bandes aus. Die zahlreichen, oft recht ausführlichen privaten Briefe dürfen nicht dasselbe Interesse beanspruchen. Die Herausgeberin berichtet im Vorwort, wie sie zu diesem Projekt gekommen ist.»Eines Tages lud mein Vetter Till von Egidy eine stoffbespannte Holzkiste und einen ausrang ierten Aluminiumkoffer mit der Bemerkung bei mir ab, es handle sich um Unterlagen unserer gemeinsamen Vorfahren, und ich möge den Inhalt doch einmal durchsehen. Zum Vorschein kamen gedruckte Ausgaben der Werke von Julius Pabst, ein Gästebuch aus seinem Haushalt, Photographien verschiedener Bühnenkünstler aus der Zeit um 1900, handschriftliche Notizen, vor allem aber: Briefe; Briefe von Pabst an seine Ehefrau, seine Kinder und Geschwister, einige wenige Briefe an seine Eltern, Briefe seiner Brüder August und Carl; hauptsächlich aber seine Korrespondenz bzw. Teile davon, die von seiner fünfundzwanzigjährigen Tätigkeit am Dresdner Hoftheater herrührte.«(S. 7) Eva Chrambach begnügte sich nicht damit, die Hinterlassenschaft ihres Ururgroßvaters zu sichten und herauszugeben. Sie hat den Briefnachlass um zahlreiche Korrespondenzstücke aus öffentlichen Bibliotheken und Archiven ergänzt und auf diese Weise das Netzwerk umfassend dargestellt, das Julius Pabst mit seinen Briefen geknüpft hatte. Der Hauptteil des Bandes umfasst auf etwa 1000 Seiten die kommentierte Edition von 737 Korrespondenzstücken an und von Julius Pabst aus dem Zeitraum von 1838 bis 1887. Das ausführliche Vorwort und der Apparat nehmen nochmals etwa 200 Seiten ein. Zahlreiche beeindruckende Bilddokumente bereichern den Band. Im Anhang findet sich u. a. ein Verzeichnis der Schriften von Julius Pabst und eine Stammtafel. Zu den Personen, die Julius Pabst während seiner Berliner Jahre 1852 bis 1855 kennenlernte, gehören auch Theodor Fontane und die Freunde des Rütli. Fontane und Pabst waren Kollegen im Pressbüro des Innenministeriums, ihr Verhältnis zueinander blieb allerdings distanziert. Die sporadische Korrespondenz, die es gegeben hat, ist nicht überliefert. Gleich die erste Begegnung offenbarte das unterschiedliche Temperament der beiden beinahe gleichaltrigen Schriftsteller, die ihre Fähigkeiten aus Honorarbedürftigkeit der Reaktion verkauft hatten. Am 16. November 1852 erkundigte sich Fontane bei seinem Freund Wilhelm Wolfsohn in Dresden auf bezeichnende Weise über seine neue Bekanntschaft:»Ich habe inzwischen von Dir gehört; Dr. Pabst schöpft mit mir politische Weisheit an einer und derselben Quelle und brachte mir, auf gut Glück, Grüße von Dir. Ich wette, Du hast ihm gar keine aufgetragen. Schreib‘ mir doch, was mein College eigentlich für ein Männeken ist; er hält so wohlgesetzte Reden(alles gleich
Heft
(2018) 106
Seite
168
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