Heft 
(2019) 107
Seite
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Otto Brahms Essay über Ibsen  Möller 27 nur zwei Jahre später als das Pariser Théâtre Libre. Er wurde Redakteur der 1890 gegründeten, im Verlag von Samuel Fischer verlegten Zeitschrift Freie Bühne für modernes Leben, die mehrfach umbenannt wurde und, unter dem Titel Neue Rundschau, bis heute erscheint. Brahm wurde 1894 Direktor am Deutschen Theater und 1904 am Lessingtheater. Seine gesam­te Tätigkeit war auf die Durchsetzung des modernen Theaters gerichtet. Er war es, der Gerhart Hauptmann auf die Bühne brachte, Arthur Schnitzler und viele andere Autoren, die heute als Klassiker der Moderne gelten, ­seinerzeit aber umstritten waren, mehrfach von der Zensur mit Verboten belegt. Fontane und Ibsen Auch Fontane war von dem in ganz Europa grassierenden Ibsen-Fieber ­affiziert. Er erkannte die hervorragende Bedeutung der Bühnen-Werke des norwegischen Autors, lehnte sie ihrer kompromisslosen Tendenz wegen, die er als Dogmatismus empfand, aber ab. 33 Seine Anerkennung konnte er dem dichterischen Werk Ibsens nicht versagen, ein Ibsenianer war er je­doch nicht, auch kein Ibsen-Prophet, wie launisch die Karikatur betitelt wurde, die August von Heyden 1887 von Fontane zeichnete. 34 1887 notiert Fontane in seinem Tagebuch: Anfang Januar kam Ibsen nach Berlin[]. Ibsen zu Ehren wurden im Residenz-Theater seine ›Gespenster‹ gegeben, ein sehr interessantes, sehr meisterliches, aber doch ganz schiefgewickeltes Stück.[] Am 24. Januar waren wir zu Geburtstag und Soirée bei Lessings.[] Sonst wa­ren wir wenig in Gesellschaft, nur einmal bei Heydens, wo ich mit hoch­erhobenem Finger, während mich lauter befrackte Kahlköpfe umstan­den, einen Vortrag über Ibsen hielt. Heyden zog sein Notizbuch und schuf beistehendes Momentbild. 35 August v. Heydens Skizze aus Fontanes Tagebuch © Theodor-Fontane­Archiv