Zum Status des Vereinssekretärs Berbig 71 als derjenigen, auf welche der Regierung unmittelbarer Einfluß zu Gebote stehen kann, wenn sie ihre Mittel anwendet‹[…]«. 14 So stand es in seiner Denkschrift, dafür stand Merckel. Darin war er weder schwach, noch schwankend, wie es Fontanes Porträt will. 15 Darin war er radikal staatskonservativ. Er habe, so der Historiker Hubertus Fischer,»zu den aktivsten strategischen Köpfen des sich zur Partei formierenden konservativen Vereinswesens gehört[-]« 16 . Und diese Radikalität entlud sich, zeitparallel, in seinem Bändchen Zwanzig Gedichte 17 . Fischer hat in diesen Versen mit ihren»kaum verhüllten Angstpsychosen,[…] irrationalen Feindbildern,[…] Rachephantasien von der Vernichtung der ›Dämonen‹[…] von links«»ein geradezu gestörtes Verhältnis zu seiner Zeit« 18 vermutet. Nach seinem Ausscheiden aus dem Cabinet kehrte er ins Kammergericht in die Lindenstraße(Alt-Berlin) zurück. 19 Umtriebig blieb er»in diversen Vereinen der Rechten«, war Mitglied im Treubund mit Gott für König und Vaterland, federführend im Vorstand der Vaterländischen Gesellschaft und auf vielfältige Weise als»Publizist und poetischer Pamphletist[…] und Inspirator der öffentlichen Meinung« 20 aktiv. Er gehörte, nicht zuletzt durch die Familie seiner Frau und die Verbindungen, in die er durch sein Engagement eingetreten war, zur gehobenen Berliner Gesellschaft. Von Natur aus eher scheu – seine geringe Körpergröße, die Fontane nicht unerwähnt lässt und als Grund beifügt, mag daran Anteil gehabt haben –, verfügte er über einen scharfen Intellekt, dem sich, wenn angezeigt, eine nicht minder scharfe Ironie beigesellte. Mit seiner Frau, gebildet wie er, stattlich und von Lebenskultur, führte er ein gastliches Haus und war, vor allem in kleiner, vertrauter Runde, begabt zu Geselligkeit. Dieser Wilhelm von Merckel also, Berufsjurist, preußisch-ministerieller Beamter und Neigungspoet, hielt im Tunnel über der Spree über lange, maßgebliche Jahre die Sekretärsfeder in der Hand. Kostproben dieses Teils seiner schriftstellerischen Passion sind vereinzelt und auszugsweise veröffentlicht 21 , und Wulf Wülfing bezog sich in seiner vorzüglichen Tunnel-Analyse während der Revolutionswochen 1848 dezidiert auf Merckels Protokolle. 22 Deren Eigenart leuchte auf, aber der Lichtkegel blieb eingeschränkt. Wer sich ein angemessenes Bild von Merckels Sekretär-Tätigkeit verschaffen und die Frage über deren Prägekraft für den Verein beantworten will, ist auf weitere Archivstudien angewiesen. Das geschieht hier kaum mehr als in einem Ansatz. Er fragt zuerst nach dem Status des Sekretärs im Tunnel-Verein und geht weiter zu Person und Persönlichkeit Merckels, die das Amt neu profilierte. Diese Neuprofilierung fiel zusammen mit der historisch folgen- und erfolgreichsten Periode in der Vereinsgeschichte. Mit ihr wurde sie eingeleitet. Theodor Fontanes Tunnel-Karriere korrespondiert mit Merckels innovativer Sekretärspraxis.
Heft
(2019) 107
Seite
71
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