Heft 
(2019) 107
Seite
72
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72 Fontane Blätter 107 Literaturgeschichtliches, Interpretationen, Kontexte 2 Was eigentlich erwartete der Verein Tunnel über der Spree von seinem Se­kretär? Dessen Wichtig- und Wertigkeit waren ihm seit frühesten Tagen zweifelsfrei. Nicht nur der preußische Staat unterwarf das Vereinsleben Gesetzesparagraphen, der Verein tat ihm gleich. In Statuten schrieb er vor, was für den galt, der in seiner Mitgliederliste stand oder stehen wollte. Die Statuten des Tunnel sind seit seinem Ende(1897/98) Geschichte, haben aber selbst auch eine Geschichte. 23 Die Rolle des Sekretärs blieb konstant. In jener Statuten-Fassung vom April 1835, die für Merckel verbindlich war, war sie unter dem IV. Abschnitt»Von den Beamten des Vereins« in den Paragraphen 117 bis 122 mit Verweisen auf 34 weitere fixiert. Aus formalen und verwaltungstechnischen Pflichten(Wahl, pünktliches Erscheinen, sta­tistische Erfassung, rechtmäßige Buchführung, Übersicht zur Vereinstä­tigkeit anlässlich des jährlichen Stiftungsfestes etc.) ragte jene eine hervor, die der§ 118 so formulierte: [] In den Sitzungen führt er das Protokoll und muß dafür sorgen, daß genau alle Vorkommenheiten und Beschlüsse des Vereins in dasselbe aufgenommen werden. Namentlich hat er die vom Haupte zusammen­gefaßten Urtheile über die Späne[die von Vereinsmitgliedern vorgetra­genen Texte R. B.] bei jedem derselben zu registriren und die aus der Debatte sich ergebenden Hauptmotive kurz beizufügen.[] 24 Lastete auf den Schultern des Hauptes(jährlich zu wählender Vorsitzen­der) alle symbolische Verantwortung, so schulterte der Sekretär alle rea­len Lasten des Vereinsalltages. Das war ein Jahr nur zu tragen, und Mer­ckel machte darin keine Ausnahme. Doch zwischen 1841 und 1850 trug er 63 Monate 25 diese Bürde und dem auf der Zunge liegenden Reimwort ist nicht zu widerstehen: mit Würde. Aber nicht mit Würde allein, sondern mit Wille zum Wandel. Der Verein hatte wenig Zweifel, in Merckel ein pro­duktives Mitglied angeheuert zu haben. Sein Schwager, der spätere Minis­ter und Förderer Fontanes Heinrich von Mühler, hatte ihn vorgeschlagen. Cocceji, wie er im Tunnel hieß, war zehn Jahr jünger als Merckel, aber schon zehn Schritte weiter auf der Aufstiegsleiter. 1840 an das Kultusmi­nisterium Eichhorn gekommen, war er 1842 zum Regierungsrat berufen worden und 1846 zum Vortragenden Rat. So bestrebt der Verein war, die soziale und politische Außenwelt von der internen abzuheben, die berufli­chen und familiären Vermittlungs- und Verbindungsfäden knüpften ein dichtes Netz. Wie sein Schwager im Ministerium stieg Merckel im Tunnel auf: Kaum Mitglied geworden, drückte man ihm bereits die Sekretärsfe­der in die Hand. Oder er griff sie sich entschlossen. Dazu schweigen die Akten. Als er am 6. November 1842 seine erste Antrittsrede als Haupt hielt, no­bilitierte er den 7. März 1841 als den Tag seines ersten Protokolls. Es ist nur unvollständig überliefert, die der nachfolgenden Sonntage fehlen ganz.»Aus dem Comfort, den jenes behagliche Sanssouzi gegenüber mir