Heft 
(2019) 107
Seite
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Zum Status des Vereinssekretärs  Berbig 77 Frühjahr 1842 kontrovers verhandelt wurde und Merckels Bereitschaft zur literarischen Öffnung und Öffentlichkeit für den Tunnel implizierte, geriet in einen Testlauf. Er verdiente schrittweise rekonstruiert zu werden. Hier muss ein Beleg, freilich einer von Gewicht, genügen: Theodor Fontanes Revue der»Preußenlieder«. Sie begründeten seinen Tunnel-Ruhm und mehrten dessen eigenen. Ironie und Witz, die sich der Verein auf die Fahnen geschrieben und denen sich die Protokollführenden verschrieben hatten, erlebten mit Mer­ckel eine Modifizierung. Er legte ihnen Zügel an, die strengsten beim Refe­rat der Beiträge. Sie blieben Muss und Maß, jedoch entschieden im Dienste der Dichtung, die erster und letzter Vereinszweck waren. So lustig Merckel »Späne« einzuklagen wusste, so ernst war es ihm darum. Und dieser Ernst spiegelte sich in der wortreichen Gründlichkeit, mit der er das poetisch Vorgetragene und dessen Kritik bedachte. Hier hörte aller Spaß auf, selbst wenn die Darlegung vordergründig auf Spaßiges nicht verzichtete etwa im Bericht über Fontanes»Eine Herbstreise«, die sich am 27. Oktober 1844 dem Tunnel-Urteil stellte: [] Nur das Begräbniß des Waldvögleins fand kein Mitgefühl, ja so wenig Anklang, gefühllose Seelen so weit geriethen, an Krammetsvögel zu denken. In der That war das Liedchen kränklicher, als gewiß je ein Waldvogel gewesen seÿn mag. Wenigstens liefern die Spatzen, welche zwischen den beiden Gensdarmenkirchen hiesiger Residenzien das Droschkenguano 39 in Pacht haben, den Beweis, daß sogar Stadtvögel, trotz aller Zivilisation u. Verweichlichung, sich den Teufel um den Win­ter scheeren, geschweige ein Waldvogel, der entweder, wie Russen u. Engländer, nach Italien reist oder hierorts die Scheuern bestiehlt oder sonst sich sorglos durchhilft, oder allenfalls selber gefressen wird, also keine Beerdigung benöthigt ist. [] 40 Das Witzige verstellte den Blick nicht auf die Realität, die als Messlatte für den lyrischen Text galt was an sich nicht stimmt, stimmt auch in der Poe­sie nicht. Protokollarisches Kriterium war nicht die kalkulierte Erheite­rung beim Verlesen, sondern künstlerische Maßgabe. Immerhin widmete Merckel diesem mit»gut« bewerteten Gedicht Fontanes mehr als zwei Quartseitenspalten einem Gedicht, das in dieser Gestalt erst nach dem Tod des Dichters veröffentlicht wurde. 41 Merckel verlieh, als protokollie­render Sekretär, diesen lyrischen Strophen eine zweite Existenz. Er trans­ferierte das fremde Gedicht in eigene Prosa, die sich wie Bildbeschreibung zu Bild verhielt. So überführte er Fontanes Verse auf doppelte Weise in den Verein: die Abschrift des Gedichts ins Späne-Archiv, die Gedichtbeschrei­bung ins Protokoll-Archiv. Unikat beide das Ganze ein Unikum.