Heft 
(2019) 107
Seite
122
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122 Fontane Blätter 107 Labor Hamerling, Ahasver in Rom, das der Verlag Richter mit einem runden Haus­stempel auf dem Titel versehen zur Besprechung an Fontane übersendet: »Zur Gefallig: Recension JR Hamburg.« Hier hat ­Fontane also bereits in Hin­sicht auf die zu verfassenden Besprechungen gelesen und sich ein Urteil zum Text gebildet, das der Nutzer der Visualisierung anhand der Transkriptionen der Marginalien und anhand der Images auf der Einzelphänomenebene im Detail nachvollziehen kann. 77 Ein Gegenbeispiel bilden die Novellen von Paul Heyse, die sich zwar in Fontanes Handbibliothek und damit auch in der Visualisierung finden und die er am 11. Januar 1855 im Literatur-Blatt des Deutschen Kunstblattes re­zensiert, die aber nur eine einzige Markierung einer Stelle, die angekreuzt und eingeklammert ist, aufweisen:»Wenn Ihr ein Mädchen braucht Ihr findet ihrer am Corso für Geld und gute Worte. Umsonst und mit bösen ist keine zu haben.« Auch wenn diese Markierung natürlich nicht eindeutig Fontane zuzuschreiben ist es handelt sich ja schließlich nur um ein Kreuz und eine Klammer und diese Textstelle nicht wortwörtlich Eingang in Fontanes Rezension gefunden hat, so hat sie doch wohl den Ton der Rezen­sion geprägt, wenn Fontane unter anderem von der»meisterhaft durchge­führten Scene in einer römischen Osteria« 78 schreibt, die geschickt»Emp­findungen wieder auf den richtigen Pfad« 79 führt. Auch die Gedichte Bernhard von Lepels, die Fontane am 29. November 1865 im Wochenblatt der Johanniter-Ordens-Balley Brandenburg besprach, weisen keine Bewertungen von Fontanes Hand auf. Stattdessen finden sich vereinzelte Textkorrekturen, die vom Verfasser Bernhard von Lepel, der Fontanes guter Freund war, selbst stammen. Es handelt sich bei diesem Band also um das Autorenexemplar Lepels, das er Fontane mit einer Wid­mung»An meinen alten lieben Freund Th. Fontane Berlin 2.11. 65. B. v. Le­pel« übergab und mit einer handschriftlichen Ergänzung versah:»Nie mit sich selbst kommt in´s Gedräng´ Wer mild als Freund, als Richter streng´«. Eine Rezension der Gedichte durch Fontane war also wohl zu diesem Zeit­punkt bereits von den Freunden abgesprochen. Besonders aufschlussreich ist zudem die Existenz des Romans Zum Zeit­vertreib von Friedrich Spielhagen in der Fontane´schen Handbibliothek. Das Buch hatte Spielhagen noch vor dem regulären Erscheinen des Werkes an Fontane geschickt und mit einer Widmung versehen. Es handelt sich dabei um einen besonders bemerkenswerten Band, da Spielhagen in die­sem Roman denselben Stoff die Affäre Ardenne behandelt, wie er Fon­tanes Effi Briest zugrunde liegt und sich beide Autoren brieflich darüber ausgetauscht haben. Das Titelblatt fehlt und ist durch ein graugrünes Blatt ersetzt worden, auf dem handschriftlich Titel und Verfasser angegeben sind. Darunter findet sich Spielhagens Widmung:»Herrn Dr. Theodor ­Fontane in herzlicher Verehrung der Verfasser. Charlottenburg 22. V. 96.« Der Band gehörte nicht zum Altbestand des Theodor-Fontane-Archivs, wie