124 Fontane Blätter 107 Labor 5. Zusammenfassung und Ausblick Versteht man eine Autorenbibliothek als Spurenträger eines materialisierten Ideenfindungs- und Schreibprozesses, erkennt man in den Büchern und ihrer bibliothekarischen Zusammenstellung Wissensarchive und-ordnungen, dann kann die digitale Aufbereitung, die bisher nicht erkennbare Bezüge, Sichtachsen und Zugänge herstellt, neue Formen der Kontextualisierung von Informationsressourcen und deren literaturwissenschaftlicher Erforschung anregen: In Widmungsexemplaren, Büchergeschenken und Sonderdrucken manifestieren sich soziale Netze und literarische Allianzen. Gebrauchsspuren(Eselsohren, Markierungen, Fingerabdrücke etc.) und handschriftliche Anmerkungen in den Büchern werden im philologischen Zugriff zu Zeugnissen von Arbeits-, Produktions-, Kritik- und Revisionsprozessen: Marginalien, An- und Unterstreichungen, Verweise, Einlagen und Eingeklebtes verwischen die Grenze zwischen Bibliothek und Archiv, zwischen Sammlung, Materialfundus und Schriftstellerwerkstatt. 80 Gerade in der Analyse von Schreibprozessen, wie sie sich im direkten Zugriff auf Digitalisate und Transkriptionen von handschriftlichen Einträgen in Kombination mit einer standardisierten Metadatenauszeichnung in der Visualisierung dieser digitalen Bibliothek nachzeichnen lassen, kann der Materialität des Lesens und dem Anfang des Schreibens nachgespürt werden. Der Forschung steht mit dem Visualisierungsprototyp der Handbibliothek Fontanes eine bisher schwer zugängliche Sammlung samt ihrer Erfassungs- und Datenbasis zur Verfügung, die neue Fragestellungen sowohl zum Werk Fontanes, zu seinem Lese- und Schreibverhalten, seinem intellektuellen Horizont, zu kulturgeschichtlichen Fragen von Lese- und Produktionsprozessen, aber auch zum Umgang mit Autorenbibliotheken und ihrer Auswertbarkeit im Allgemeinen möglich macht. Anhand visueller Filter können Untermengen identifiziert sowie Kategorien gebildet werden, die Mustererkennungen in der Sammlung ermöglichen. Nutzer*innen sollen in die Lage versetzt werden, Begriffs- und Themenräume innerhalb dezidierter Kategorien und über deren Grenzen hinweg zu erfassen. Gefragt wurde nach der Integration von Suchfunktionen, Skalierung und Sichtbarmachung in Interfaces und wie durch attraktive Einstiege in einen Bestand weitergehende Explorationsmöglichkeiten eröffnet werden können. Die Entdeckung neuer Forschungsfragen während des Prototypingprozesses und die damit einhergehende Nachjustierung in der Erschließung beleuchtet die Wechselwirkungen zwischen visueller Forschung, Metadatenmanagement und Philologie. Die Visualisierung der Handbibliothek Fontanes stellt darüber hinaus eine Ergänzung zum bereits erarbeiteten digitalen Angebot des TheodorFontane-Archivs dar. Neben der digitalen Handschriftensammlung 81 , der
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(2019) 107
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124
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