Heft 
(2019) 107
Seite
124
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124 Fontane Blätter 107 Labor 5. Zusammenfassung und Ausblick Versteht man eine Autorenbibliothek als Spurenträger eines materialisier­ten Ideenfindungs- und Schreibprozesses, erkennt man in den Büchern und ihrer bibliothekarischen Zusammenstellung Wissensarchive und-ordnun­gen, dann kann die digitale Aufbereitung, die bisher nicht erkennbare Be­züge, Sichtachsen und Zugänge herstellt, neue Formen der Kontextualisie­rung von Informationsressourcen und deren literaturwissenschaftlicher Erforschung anregen: In Widmungsexemplaren, Büchergeschenken und Sonderdrucken manifestieren sich soziale Netze und literarische Allianzen. Gebrauchsspuren(Eselsohren, Markierungen, Fingerabdrücke etc.) und handschriftliche Anmerkungen in den Büchern werden im philologischen Zugriff zu Zeugnissen von Arbeits-, Produktions-, Kritik- und Revisions­prozessen: Marginalien, An- und Unterstreichungen, Verweise, Einlagen und Eingeklebtes verwischen die Grenze zwischen Bibliothek und Archiv, zwischen Sammlung, Materialfundus und Schriftstellerwerkstatt. 80 Gerade in der Analyse von Schreibprozessen, wie sie sich im direkten Zugriff auf Digitalisate und Transkriptionen von handschriftlichen Einträgen in Kom­bination mit einer standardisierten Metadatenauszeichnung in der Visuali­sierung dieser digitalen Bibliothek nachzeichnen lassen, kann der Materia­lität des Lesens und dem Anfang des Schreibens nachgespürt werden. Der Forschung steht mit dem Visualisierungsprototyp der Handbibliothek ­Fontanes eine bisher schwer zugängliche Sammlung samt ihrer Erfas­sungs- und Datenbasis zur Verfügung, die neue Fragestellungen sowohl zum Werk Fontanes, zu seinem Lese- und Schreibverhalten, seinem intel­lektuellen Horizont, zu kulturgeschichtlichen Fragen von Lese- und Pro­duktionsprozessen, aber auch zum Umgang mit Autorenbibliotheken und ihrer Auswertbarkeit im Allgemeinen möglich macht. Anhand visueller Filter können Untermengen identifiziert sowie Kate­gorien gebildet werden, die Mustererkennungen in der Sammlung ermög­lichen. Nutzer*innen sollen in die Lage versetzt werden, Begriffs- und Themen­räume innerhalb dezidierter Kategorien und über deren Grenzen hinweg zu erfassen. Gefragt wurde nach der Integration von Suchfunktio­nen, Skalierung und Sichtbarmachung in Interfaces und wie durch attrak­tive Einstiege in einen Bestand weitergehende Explorationsmöglichkeiten eröffnet werden können. Die Entdeckung neuer Forschungsfragen während des Prototypingpro­zesses und die damit einhergehende Nachjustierung in der Erschließung beleuchtet die Wechselwirkungen zwischen visueller Forschung, Metada­tenmanagement und Philologie. Die Visualisierung der Handbibliothek Fontanes stellt darüber hinaus eine Ergänzung zum bereits erarbeiteten digitalen Angebot des Theodor­Fontane-Archivs dar. Neben der digitalen Handschriftensammlung 81 , der