Heft 
(2019) 107
Seite
159
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Fontane-Bibliographik im digitalen Zeitalter  Trilcke 159 Auch wenn noch zahlreiche Fragen zur quantitativen Resonanzgeschichte Fontanes offen sind, also noch einige, auch verfeinernde bibliometrische Analyse der Fontane-Bibliographie durchzuführen sind, weisen die dar­gelegten Analysen doch zugleich darauf hin, dass diese Art der korpusba­sierten Rezeptions- und Forschungsgeschichtsschreibung weitere Wege auftun muss, will sie den Konjunkturen Fontanes und den damit einherge­henden Konstruktionen durch die Nachwelt auf den Grund gehen. Was etwa für ein ›politischer Fontane‹ konkret konstruiert bzw. beforscht oder auch journalistisch inszeniert wird, ob man sich dem konservativen Kreuz­zeitungsopportunisten, dem 1848er-Revolutionär oder dem betagten Sym­pathisanten mit dem Vierten Stand widmet: das ist dabei nur die ange­sichts des zuletzt angeführten Diagramms nächstliegende Frage. Um solche in die Tiefe der Forschung reichenden Fragen auf der immens breiten Grundlage der publizierten Sekundärliteratur zu beantworten, be­darf es anderer Verfahren als der hier durchgeführten Metadatenanalyse, und auch anderer Gegenstände als der hier untersuchten Fontane-Biblio­graphie. Die Retrodigitalisierung der Fontane Blätter, die im Juni 2019 ab­geschlossen wurde, eröffnet da eine von mehreren denkbaren Möglichkei­ten. Denn im Zuge dieser Retrodigitalisierung werden sukzessive auch hochwertige Volltexte sämtlicher Artikel erstellt, die je in den Fontane Blät­tern erschienen sind. Damit liegt in absehbarer Zukunft eine erhebliche Sammlung an Forschungsbeiträgen und Primärpublikationen vor: ein Korpus, dessen digitale Analyse einigen Aufschluss über die Bewegun­gen, die Tendenzen, die Schwerpunkte der Fontane-Forschung und der Fontane-Editorik in den vergangenen mehr als fünf Jahrzehnten ver­spricht: Von den 9.113 in der Fontane-Bibliographie verzeichneten Publi­kationen seit 1965, dem ersten Jahr des Erscheinens der Fontane Blätter, sind 1.206 in dieser wissenschaftlichen Zeitschrift erschienen, mithin mehr als 13 Prozent der Fontane-Publikationen des letzten halben Jahrhunderts. Diesen über zehntausende Seiten umfassenden Schatz der Fontane-Re­zeption mit den Methoden der digitalen Analyse zu erkunden und zu ver­messen, ist eine der anstehenden Aufgaben jener Forschung zur Rezep­tions-undResonanzgeschichteFontanes,diewiramTheodor-Fontane-­Archiv mit den hier skizzierten Analysen zur Fontane-Biographie begonnen aben.