Heft 
(2019) 108
Seite
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154 Fontane Blätter 108 Rezensionen Regina Dieterle: Theodor Fontane. Biographie. München: Carl Hanser Verlag 2018. 832 Seiten. 34,00 Hans Dieter Zimmermann: Theodor Fontane. Der Romancier Preußens. München: C. H. Beck 2019. 458 Seiten. 28,00 Es hat bekanntlich recht lange gedauert, bis der erste Sohn des Apothekers Louis Henri Fontane, der immerhin schon als 11-Jähriger ein Geschichten­Buch geschrieben hat, 88 Seiten, seine eigentliche Berufung selbst entdeckt hat. Über Jahrzehnte war er als Apotheker, als Journalist, als Korrespon­dent, als Kriegsberichterstatter, als Reiseschriftsteller oder auch als Thea­terkritiker tätig, und in literarischen Kreisen kannte man seine Balladen, aber dass er einmal(auch) als Autor von Erzählungen und Romanen, als erstrangiger Repräsentant des Realismus in den Kanon der deutschsprachi­gen Literatur aufrücken sollte, das hat sich erst in seinen letzten Lebensjah­ren abgezeichnet, nach seinem 60. Geburtstag. Das von Thomas Mann geprägte und nach wie vor wirksame Fontane­Bildnis, die Rede von der späten Berufung des Schriftstellers Theodor ­Fontane ist für Regina Dieterle gleichwohl eine schöne Legende. Was dage­gen aus ihrer Sicht zurechtzurücken ist, das rückt sie jetzt ganz entschieden zurecht: indem sie sich auf neue, vielfach auch eigene gründliche Recher­chen weit mehr verlässt als auf alte(in der Regel nach Fontanes Tod ausge­staltete) Geschichten über die Geschichte seines Lebens. Dieterle sieht Le­ben und Werk von allem Anfang an eng verknüpft, zudem gleichfalls stark eingebunden in das literarische Leben, in die Medienwelt(die dann auch im Mittelpunkt des jüngsten Potsdamer Fontane-Kongresses, des wissen­schaftlichen Höhepunkts des Programms fontane.200 stehen sollte) und in die Geschichte Preußens. 1819. Fontanes Eltern, Louis Henri Fontane und Emilie Labry, überneh­men die Löwen-Apotheke in Neuruppin. Der Vater enttäuscht zwar sehr bald auf allen Linien, als Ehemann, als Erzieher, auch als Kaufmann; was immer die Apotheke abwirft, verliert er umgehend am Spieltisch. Aber er erzählt gerne alte Geschichten, und sein Sohn, der 1819 zur Welt gekommen ist, merkt sich diese Geschichten aus den Schlüsseljahren der Eltern- und auch der Großelterngeneration und baut sie später, viel später in seine Bücher ein: Schon auf den ersten Seiten ihrer Biographie notiert Dieterle demnach das Stichwort Vor dem Sturm, kommt sie auf Fontanes ersten Roman zu spre­chen. Die Kindheit, die Schul- und Lehrlingsjahre in Neuruppin und Berlin nehmen in dieser Darstellung einen breiten Raum ein, weil die ersten Erfah­rungen, Begegnungen und Erlebnisse wie auch die Knabenmorgen-Blüten­träume unendlich lange nachwirken. Dieterle orientiert sich dabei keineswegs nur an den(bekannten) Erin­nerungen des Autors. Indem sie auch andere Quellen heranzieht, kann sie