Heft 
(2017) 103
Seite
87
Einzelbild herunterladen

Noch ein Nordlicht in München  Beck 87 Publikationsgebaren könnte auch erklären, warum»Fontane[] keinen Wert darauf gelegt« hat,»daß dieser Erstdruck[in der Deutschen Jugend­zeitung] in der Geschichte der dann[...] so berühmt gewordenen Ballade eine Rolle spielt«. 13 2. Der Weg des Archibald Douglas in die königlich bayerische Presse: Paul Heyse und die kulturpolitisch-publizistischen Ambitionen Maximilians II. Aber an jenem zweiten Erstdruck, dessen Existenz(wie sich zeigen wird) Fontane nicht verborgen geblieben sein dürfte, war dem Autor in der Folge offenkundig ebenfalls nicht mehr gelegen. Warum? Dies mag die Rekon­struktion der Publikationsstrategie zeigen, die hier am Werk war. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war Paul Heyse für den Münchner Archibald Douglas verantwortlich: Heyse lebte in München, besaß die Ballade im Manuskript und hatte gute kulturpolitische Gründe, das Gedicht seines Freunds in der Neuen Münchener Zeitung zu plazieren auf deren Abendblatt er Einfluß nehmen konnte. »Deine neuste Balade[] heut früh mit tiefer Bewegung gelesen«, schreibt Heyse an Fontane aus»München« am»25 Dec. 1854«. 14 Mit Fontanes­Briefen vom 4. und 18.  Dezember, die zusammen versandt wurden 15 und deren Empfang er eingangs jenes Briefs bestätigt, 16 dürfte Heyse die besagte Ballade erhalten haben, die Erich Petzet, Gotthard Erler und ­Helmuth Nürnberger mit dem Archibald Douglas identifizieren. 17 Das ist plausibel; denn zum einen war das zu diesem Zeitpunkt tatsächlich ­Fontanes ›neueste Ballade‹, er hatte sie ja erst am 3. Dezember 1854 unter dem Titel Der Verbannte im Tunnel vorgetragen; 18 und zum andern vermerkt Heyse wenige Tage später in seinem Tagebuch zum 30. Dezember(es ist Fontanes Geburtstag), daß er»Fontanes Archibald Douglas vorgelesen« habe. 19 ­Heyse war also im Dezember 1854 im Besitz eines autorisierten Archibald Douglas-Manuskripts von dem er in der Folge wohl auch Gebrauch mach­te, ganz in dem Sinne des Grußes, der die mutmaßliche Übersendung der Ballade begleitet hatte:»Nun leb mir recht sehr wohl, werde bald Minister und gib mir dann einen guten Posten. Bis dahin u. noch länger Dein Th. Fontane.« 20 ›Bis dahin und noch länger‹ aber hat Heyse nicht gewartet mit dem Versuch, seinen Freund zu versorgen; und angesichts der damali­gen kulturpolitischen Situation in Bayern boten sich die Neue Münchener Zeitung sowie der Archibald Douglas, dieses Paradebeispiel einer histori­schen Ballade, als Instrumente an, um auf eine Anstellung Fontanes im ­Süden hinzuwirken. König Maximilian  II. wollte Bayern»[i]n allem Guten, Schönen, Zeit­gemässen Deutschland voran[]leuchten« lassen; sein Staat sollte»[m]it aller Macht die Wissenschaften[] hegen, und in der Pflege der Kunst