Heft 
(2017) 103
Seite
88
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88 Fontane Blätter 103 Unveröffentlichtes und wenig Bekanntes fort[]fahren› als Metropole deutscher Kunst«; Bayern sollte»Centralpunkt deutscher Wissenschaft im Süden[] werden, überhaupt in Süddeutschland eine ähnliche Rolle[] übernehmen, wie Preussen in Norddeutschland«. 21 Im Rahmen großdeutscher Triaspolitik sollte sich die bayerische Hauptstadt neben Berlin und Wien als drittes Zentrum deutscher Kultur etablieren, 22 und zu diesem kulturpolitischen Zweck berief König Max anerkannte Wis­senschaftler und Schriftsteller nach München, um seiner Residenz entspre­chendes Gewicht zu verleihen. Gerade auch um norddeutsche Kräfte be­mühte sich der König; er versammelte um sich die Gruppe der»›Berufenen‹, [] der von den Einheimischen beargwöhnten und befehdeten ›Nordlich­ter‹«, die er»zu Anfang der 1850er Jahre nach München« holte. 23 Zu diesen ›Nordlichtern‹ 24 gehörte auch Emanuel Geibel, der im Früh­jahr 1852 nach München gekommen war, wo er sich für die Berufung des jungen, noch weithin unbekannten Paul Heyse einsetzte. 25 Den lud dann »im März 1854[] König[] Max ein[], nach München überzusiedeln und dort mit einem Jahrgehalt von tausend Gulden zu leben, ohne weitere Verpflich­tung, als an den geselligen Abenden des Königs, den sogenannten Sympo­sien, theilzunehmen«. 26 Die Berufung von Schriftstellern wie Geibel und Heyse(der jene Einladung annahm) sollte»München zu einem Brenn- und Sammelpunkte des Bedeutendsten in unserer Literatur[] machen« 27 eine Strategie, zu der auch die Schaffung einer entsprechenden publizistischen Infrastruktur in der bayerischen Hauptstadt durch jene Literaten gehörte, denn»München hatte dem journalistischen Spektrum der Literatur- und Kunstkritik in Berlin, Leipzig und Wien nichts entgegenzusetzen«. 28 Also verhandelte man 1855 mit Cotta über eine Verlegung des Morgenblatts für gebildete Leser von Stuttgart nach München vergeblich. 29 Daneben be­mühten sich Heyse und sein Schwiegervater Franz Kugler darum, das von Fontane mitbegründete Literaturblatt des Deutschen Kunstblatts von Berlin nach München zu verpflanzen und der bayerischen Kulturpolitik dienstbar zu machen erfolglos. 30 »König Max aber wünschte baldigste Aktion«, und so verfiel man schließlich auf»die bisher halbamtliche[] ›Neue Münchener Zeitung‹«; 31 sie wurde»ausersehen, nun das Hauptquartier der neuen litte­rarischen Ära zu werden«, und hierbei war»die Hauptsache[] zunächst die Beilage der Zeitung, das Feuilleton und die Kritik«. 32 »Hier also sollte der Hebel eingesetzt werden, um das Interesse an den Bestrebungen und Leistungen der neu berufenen, wie der einheimischen Kräfte zu wecken« und für diese»Aufgabe«, die»eine ziemlich umfassen­de« war, wurde»Theodor Fontane in Aussicht genommen«. 33 Da aber die Drahtzieher dieses Plans, Emanuel Geibel, Wilhelm Heinrich Riehl und Fontanes Freund Heyse,»den Antipathien und Vorurteilen der Münchener nicht neuen Anlaß[] geben« wollten, 34 übernahm vorläufig Julius Grosse das Feuilleton jenes Blatts. 35 Fontane befand sich mithin in einer Warte­schleife, aus der heraus, so der Plan Heyses, er als Verfasser historischer