Heft 
(2017) 103
Seite
103
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Ein kreativer Apparat McGillen 103 Namen von Personen, mit denen er sich schriftlich oder mündlich ausge­tauscht hatte, und»taggte« sie mit zusätzlichen Informationen wie bei­spielsweise sozialem Status, beruflichem Profil oder Fachgebiet; außerdem fügte er Hinweise über den Kontext hinzu, in dem er einen Gesprächspart­ner kennengelernt hatte und notierte auch, mit wem er oder sie wiederum bekannt waren. Fontane stellte also eine Verbindung zwischen dem Namen und einem eindeutig identifizierbaren Ort her, an dem weitere Informatio­nen abgefragt werden konnten. Die Informationen, die so mit einer Adres­se versehen wurden, konnten ganz verschiedener Art sein; zum Beispiel konnte es sich dabei um eine historische Quelle, Expertenwissen oder auch die Veranschaulichung eines bestimmten soziologischen Typus handeln. Daraus resultierten typischerweise Datensätze wie der folgende Tagebuch­eintrag: » 28. Februar, Montag.[] Um 4 ½ zum kl. Diner bei Herrn W. Hertz, Bendler-Straße 13. Zugegen: Herr Booth aus Hamburg, eine Autorität in der Forstwissenschaft und speziell mit nordamerikanischen Forstculturen vertraut; ferner: Frau v. Olfers und Frl. Marie v. Olfers, Herr Hans Hertz und Frau, Herr Referendar v. Putlitz(Sohn von Gustav zu Putlitz) und ein junger Herr von Arnim. Sehr angenehm animirte Gesellschaft. Herr Booth, der oft in Friedrichsruh ist, erzählte allerlei von Bismarck.[]« 18 Bei der Erzeugung und Anhäufung dieses persönlichen Adressen­Schatzes waren Fontane gesellschaftsbezogenes und thematisches»Tag­ging« so wichtig, dass er Quellen wie Adress-Anzeiger, Gästelisten an von ihm besuchten Kur-Orten, bibliographische Nachschlagewerke wie den Moniteur des Dates und diverse Preußische Adelslexika durchforstete, um Namen und thematische oder gesellschaftliche Inhalte zusammenbringen zu können. 19 Denn nur, wenn diese Verbindung existierte, ließen sich die Adressen benutzen und konnten die zugehörigen Inhalte identifiziert, aus­gewählt und mobilisiert werden. »Sammelnde« Textgenres bildeten eine weitere Form von Metadaten in Fontanes Bibliotheksnetz, sie vergrößerten sowohl den Umfang als auch die Effizienz des Netzes und trugen zum aktuellen Stand der Inhalte bei. Innerhalb dieses Genres spielten Zeitungsberichte und Zeitschriftenarti­kel die mit Abstand wichtigste Rolle, da sie Fontane auf neue Themen auf­merksam machten und Hinweise auf weiterführende Quellen enthielten, ohne ihm den Zeitaufwand umfänglichen Studiums abzuverlangen. Seine Tagebücher, Briefe und Notizbücher zeigen, dass er gewohnheitsmäßig die gerade erst verfügbar gewordenen Massen von regionalen, nationalen und internationalen Tageszeitungen sowie Zeitschriften auswertete. Der Autor machte sich kurze Notizen zu Artikeln oder schnitt deren entscheidende Passagen aus und legte sie in seiner Materialablage ab, sodass er sich zu einem späteren Zeitpunkt vertiefter damit beschäftigen konnte. Da Fonta­ne üblicherweise mehrere Zeitungen pro Tag las dokumentiert in Notizen