Heft 
(2017) 103
Seite
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Theodor und George Fontane Streiter-Buscher 151 lange wie möglich in Güte zu ihm stehn.« 58 Und so bleibt es wie bei den Pog­genpuhls dabei, ihm»immer wieder zu helfen und ihn vor einer Katastro­phe zu bewahren, darauf war alles Dichten und Trachten gerichtet. Kein Opfer erschien zu groß.« 59 Georges normalerweise dreivierteljährige Kriegsschul-Ausbildung en­det bereits am 19. Juli, dem Tag der Kriegserklärung Frankreichs an Deutschland. Die vorgezogene Prüfung ist nur noch Formsache. Georges Beförderung zum Offizier steht nun nichts mehr im Wege. Seine fünf Feldpostbriefe an Ludovica stammen aus der späteren Phase des Krieges, dem Kampf gegen die Republik und den Monaten des ermüdenden Wartens während der Belagerung von Paris. Militärische Marschrouten, wechseln­de Einquartierungen, müßiger Zeitvertreib und der»Mangel hier an wirk­lich ernster Beschäftigung« 60 sind die Themen dieser Briefe. Humorvoll ka­schiert er seine Begegnungen mit der feindlichen Granatfeuerabwehr:»[] die sausenden Granaten machen einen riesigen Scherz, aber der Mensch gewöhnt sich an alles, selbst, wie auch Papa neulich schrieb, an Granaten:« 61 Und doch meint er,»so ein Winterfeldzug ist nicht von Pappe«, und sehnt »das baldige Ende dieses schrecklichen Krieges« 62 herbei. Acht Tage nach der Proklamation von Versailles am 18. Jan. 1871 stellt er als Diener seines Monarchen erstaunt fest:»Daß unser guter alter Rex jetzt Imperator gewor­den ist, hat hier doch im Allgemeinen nicht solchen Eindruck gemacht, wie man wohl hätte wünschen können; der Krieg stumpft eben furchtbar ab; das einzige was uns wohl aus unsrer Apathie aufrütteln könnte, wäre der Fall von Paris. Ach und das dauert noch sehr lange«. 63 Quartierfragen waren für George immer auch wichtig in Bezug auf die Menschen, auf die er trifft, insbesondere solche weiblichen Geschlechts; so schreibt er über Beaumont in jenem Frühjahr 1871, sich wohl auch vor der Briefpartnerin aufspielend:»Ich bekam ein sehr schönes Quartier mit zwei reizenden jungen Mädchen, die eine, eine Pariserin, machte mir am andern Morgen den Abschied sehr schwer.« 64 Einen Monat vor Kriegsende besucht Theodor Fontane den inzwischen 19jährigen George auf seiner Informationsreise zum Kriegsschauplatz. Es ist ein freudiges Wiedersehen, emotional für Vater und Sohn in gleichem Maße. Nach dem dreitägigen Zusammensein fernab der Truppe, intensiv genutzt und erlebt von beiden, nimmt der Vater in einem knappen psycho­logisierenden Charakterbild die mögliche Zukunft seines»noch ganz im Werden« stehenden Ältesten in den Blick: einerseits den»bon camerade«, der von Billard, Kegel und Kneipe nicht lassen kann, und andererseits die »feine Künstlernatur«,»speziell« den»Humoristen«. 65 Hatte die Nähe dieser wenigen Tage eine späte Klarsicht gebracht? Und war es sehnendes Hoffen, sich im Sohn sein Alter Ego vorzustellen? Nach seiner Rückkehr aus Frankreich quartiert George sich nicht in den Militärquartieren innerhalb der Magdeburger Festungsanlagen ein,