Heft 
(2017) 104
Seite
126
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126 Fontane Blätter 104 Vermischtes Die Verlagseinbände der ersten Buchausgaben Theodor Fontanes(V). 1 Das Geheimnis des roten Stechlin-Einbandes Georg Wolpert Und in den Kreis, auf den Schlag des Gong, Tritt jetzt die Schönheit der Saison. Ihr Aug´ ist wie getaucht in Gluth, Roth ist ihr Kleid und roth ihr Hut, Ein Hut, wie die Kirchenfürsten ihn tragen, Breitkrämpig, ein Schleier umgeschlagen, Der Schleier auch roth, am Arme Koralln, Roth alles worauf die Blicke falln,... Theodor Fontane 2 Wie erklären wir einem Blinden die Farbe Rot? Wie beschreiben wir ihm die reifen Farben der Kirsche, der Erdbeere, der Johannisbeere im Früh­sommer oder des Weinlaubs im Herbst, wie einen Blutstropfen im Schnee, die Sonne auf einer Ziegelmauer, das Scharlach einer Soutane im Dunkel einer romanischen Kirche, die Transparenz einer Mohnblüte, die glühen­den Wangen eines kranken Kindes oder das helle Rot des Himmels an ei­nem kalten Wintermorgen? Es wird uns schwerfallen und doch wissen wir intuitiv: Rot ist die Farbe der Farben. Seine zentrale Bedeutung in den ver­schiedensten Völkern und Kulturen ist schon für prähistorische Zeiten be­legt. 3 Goethe zählt in seiner Farbenlehre das Rot zu den Farben, welche »wegen ihrer besonderen Herrlichkeit und Energie colores emphatici ge­nannt« werden, zu jenen»wirklichen Farben«, welche»einen besonderen Eindruck auf den Menschen« machen. 4 Rot gehört zu den warmen Farben. Zugleich aber fordert es heraus. Es erregt. Es zeigt Präsenz. Es steht für Blut, Liebe, Leben 5 und reimt sich auf Tod.