Heft 
(1966) 3
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FONTANE

BLÄTTER

Band 1, Heft 3

1966

HANS-HEINRICH REUTER

Das Bild des Vaters 1 )

Zwei Menschen waren es, die auf Fontane einen besonderen und eigen­artigen Einfluß ausübten: sein Vater und seine Frau. An sich scheint das nicht weiter verwunderlich zu sein; wir finden ähnliches in zahlreichen Lebensläufen. Das Besondere und Eigenartige im Falle - Fontanes jedoch bestand darin, daß dieser Einfluß sich nicht unmittelbar und gradlinig als Abhängigkeit, gar als Hörigkeit äußerte, gegenteils erst auf dem Umwege über den Widerstand, ja die Opposition seine eigentliche, ein Leben lang anhaltende Wirksamkeit erfuhr.

Im Bereiche der Freundschaft ist ein derartiges Verhältnis weniger selten. Es erübrigt sich, auf bekannte Beispiele, etwa aus Goethes Biographie, hinzuweisen. Fontane hat viele Freunde besser: Weggenossen, Ge­sprächs- und Korrespondenzpartner gehabt, aber keinen Freund, der immer erneut zu Selbstbehauptung und Selbstverständigung herausgefor­dert hätte wie sein Vater und seine Frau. Wirkliche Männerfreundschaf­ten (wie sie den Stoff und die Thematik vieler Romane und Erzählungen Wilhelm Raabes bestimmen) spielen denn auch im Alterswerk Fontanes keine Rolle. Dem Motiv der in ständiger Negation ihren Einfluß erzwin­genden Frau begegnen wir (bis hin zur Karikatur des weiblichen Haus­drachens und des männlichen Pantoffelhelden) in den vielfältigsten Varia­tionen. Dasselbe gilt von dem Bilde des von gütiger Ironie umspielten, gleichwohl zu Widerspruch anreizenden Vaters. Am deutlichsten aus­geprägt finden sich beide Typen nebeneinander in FontanesAutobio­graphischen Roman (wir betonen: Roman) H Meine Kinder fahre. Er offenbart zugleich, in welch unterschiedlicher Weise der alte Fontane selbst jene beiden wichtigsten Formen menschlichen Einflusses ein­schätzte, unter denen er gereift war. Weit weniger als Mutter, weit mehr

Ü Vorabdruck aus dem BuchBEISPIEL UND LEHRE der MonographieFON­TANE, die Anfang 1967 im Verlag der Nation in Berlin erscheint.