dessen Erscheinen gelesen hat. Er selbst veröffentlichte bloße fünf Wochen später eine Arbeit in der „Gartenlaube“: einen Artikel über das Schloß Wilhelmshöhe bei Kassel, wo der ehemalige Kaiser Napoleon III. im Winter 1870/71 interniert gewesen war („Ein Kaiser-Gefängnis“, No. 43, S. 718—721). Es ist daher anzunehmen, daß er die Zeitschrift damals von Woche zu Woche verfolgt hat.
Wir haben einen Beweis, daß Fontane und Rittershaus in Verbindungen standen. In Fontanes Bibliothek, die sich zum Teil heute im Fontane- Archiv befindet, finden wir von Emil Rittershaus „Aus den Sommertagen“, 4. Aufl. Oldenburg & Leipzig (ohne Jahresangabe) mit der eigenhändigen Widmung: „Theodor Fontane mit Gruß und Handschlag. Emil Rittershaus. Barmen, Februar 1890“.
Fontane muß dann den Schiffsnamen „Schwalbe“ im Zusammenhang mit Feuer auf dem Eriesee im Gedächtnis behalten haben, bis ihn etwa 14 Jahre später das Prosastück von Gough zu der Abfassung von „John Maynard“ anregte. Das ist jedoch bei seinem guten Gedächtnis keineswegs ausgeschlossen. Außerdem ist es möglich, daß er die Verse später noch einmal gesehen hat; sie erschienen nach dem Erstdruck in der „Gartenlaube“ in Rittershaus’ „Neuen Gedichten“, die von 1871 bis 1874 viermal aufgelegt worden sind. Da die Widmung des Buches aus dem Jahre 1890 stammt, besteht aber auch die Möglichkeit („John Maynard“ erschien 1886), daß sich Fontane und Rittershaus in diesen Jahren unmittelbar verständigten.
Nach Professor Kirchners Vermutung beruht übrigens „Ein deutsches Herz“ auf demselben Vorfall wie die Sage von John Maynard: dem Brand des Dampfers „Erie“ auf dem Eriesee am 9. August 1841. In der Tat deuten mancherlei Einzelheiten auf Bekanntschaft mit diesem graüsigen Ereignis. So war einer der am häufigsten erwähnten Umstände des „Erie“-Brandes, daß nur eine einzige Frau (eine jungverheiratete Mrs. Lynde aus Milwaukee) mit dem Leben davonkam; sie rettete sich auf einem Wrackstück, wie die Mutter in der Ballade. Ferner beschreiben die gedruckten Berichte vielfach, wie zwei von den drei Rettungsbooten der „Erie“ kenterten; bei Rittershaus ist das Kentern eines Bootes dargestellt. Und schließlich waren die Passagiere der „Erie“ zum großen Teil Deutsch-Schweizer; die Hauptfiguren bei Rittershaus sind Deutsche. Da der Brand der „Erie“ jahrzehntelang als einer der verheerendsten Unfälle seiner Zeit bekannt war, darf man annehmen, daß Rittershaus in irgendeiner Zeitung oder Zeitschrift davon gelesen hat.
Das Doktordiplom der Berliner Universität für Theodor Fontane. 1894. (Die Ausfertigung für Theodor Fontane befand sich bis 1945 im Fontane-Archiv und wird seitdem vermißt.)
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