Haus Düsterweg (1835) und Zwölf Nächte (1838) wird sogar der Versuch gemacht, Gestalten aus verschiedenen Ständen, auch dem Proletariat, zu schildern, aber die realistische Wiedergabe schwebt immer in Gefahr, durch romantische Einfälle verzerrt zu werden.
Beide Dichter wurden Bahnbrecher, aber auf verschiedene Weise. Alexis begann seine literarische Laufbahn als junger Mann und schrieb viele Erzählungen, Romane, Besprechungen, Gedichte usw., bevor ein Schlaganfall im Alter von 57 Jahren seine literarische Tätigkeit zu Ende brachte. Fontane hatte in diesem Alter keinen einzigen Roman veröffentlicht Sein erster Roman erschien, als er 59 Jahre alt war. und danach schrieb er mit außerordentlicher Zähigkeit und Energie eine ganze Reihe genialer Romane. Er starb fast 20 Jahre später, noch mit künftigen Werken beschäftigt.
Fontane schätzte Alexis als Vorgänger. 1895 erklärte er ihn für den einzigen (außer sich selbst?), der etwas Wichtiges über die Mark geschrieben hatte 11 . In seinem Todesjahr sandte Fontane einen Beitrag (mit anderen Dichtern wie Gerhart Hauptmann. Heyse, Liliencron, Rosegger und Wildenbruch), um hundert Jahre nach Alexis’ Geburt dem Dichter ein Denkmal zu stiften. In Fontanes Kritik an Alexis, „eine Kritik aus dankbarer Verschuldung“ r ’. bewundert er besonders die Romane Cabanis, Die Hosen des Herrn von Bredow und lsegrimm. Sein Lob für Ruhe ist die erste Bürgerpflicht und Der Werwolf ist zurückhaltender. Viel kritischer schreibt er über den Roland von Berlin, worüber er bemerkt: .alles Interesse steckt im Detail; erst das Individuelle bedingt unsere Teilnahme; das Typische ist langweilig’ — hier seien die Gestalten Begriffe, nicht Menschen. Dagegen sei Cabanis ,eine ausgezeichnete Arbeit’, in der Gestalten wie Frau Kurzin und Schlipalius ,in der Tat die volle Wahrheit des Lebens’ mit Fritz Reuterschen Gestalten gemein haben und in dem modernen Berlin, also in den Enkeln und Urenkeln jener Menschen weiterleben, denn hier habe das Hämisch-Schabernacksche, von dem die berühmte Ironie nur eine verfeinerte Spielart ist, Schlipaliusse in Massen erzeugt. Als Zeit- und Sittenbild, weit über das bloße Berliner Leben hinaus, sei es ein Roman ersten Ranges. Die landschaftlichen Schilderungen, beispielsweise in den Kapiteln ,Der tote Mann’ und ,Der hungrige Wolf’ seien Meisterstücke.
Fontane lobt die Verwertung der Hosen als Hauptsymbol im Roman Die Hosen des Herrn von Bredow, kritisiert jedoch die Form:
Hätte sich . . . Alexis entschließen können, das Ganze knapp novellistisch zu behandeln, statt wenigstens partiell in volle Romanbreite und lange Dialoge zu verfallen, so würde diese Erzählung eine Zierde unserer Literatur und völlig eigenartig sein, etwas wie Chamissos Peter Schlehmihl, Eichendorffs liebenswürdiger Taugenichts oder Fouquds Undine 16 . , . , _ ,
In einem Brief an Ludwig Pietsch vom 24ten April 1880 ' schrieb Fontane über lsegrimm und verglich Alexis’ Schilderung des Vorbilds Friedrich August Ludwig von der Marwitz mit der seines Urbilds in Vor dem
Sturm:
lsegrimm stelle ich sehr hoch. Ich halte es in der ersten Hälfte für das Beste und Bedeutendste, was Willibald Alexis geschrieben hat,
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