überhaupt für bedeutend und jedenfalls für viel bedeutender als Scott, ein Paar Ausnahmestellen (Jenny Deans usw.) zugegeben. Ob es Willibald Alexis im Zeitton getroffen hat, ist mir zweifelhaft. Ein jeder wird glauben müssen, es sei alles so ernst und düster und fanatisch gewesen 1 . Ich selbst würd es glauben, wenn ich ein Fremder wäre. Meine Eltern aber und die gesamten Swinemünder Honoratioren ... haben mir immer nur erzählt, wie kreuzfidel man damals gewesen sei. Alles entente cordiale mit den lieben kleinen Franzosen .. . Was Alexis schildert, existierte auch, aber es war die Ausnahme. Übrigens haben Alexis und ich aus derselben Quelle geschöpft: ,Marwitz, Memoiren 1 . Er hat aus Marwitz den Isegrimm gemacht, ich den Vitzewitz. Auch darin zeigt sich der Unterschied unserer Naturen. Er war Melancholikus, ich bin ganz Sanguiniker.
Tatsächlich schildern Alexis und Fontane das Benehmen, der Preußen dem französischen Feind gegenüber auf verschiedene Weise, z. B. bei der Rückkehr der kümmerlichen Reste der Grande Armee von Rußland nach Berlin hebt Alexis den Haß der Vielen hervor, Fontane aber das Mitleid des Einzelnen:
Alexis, Erinnerungen:
Die deutsche mitleidige Natur verleugnete sich, wir hatten nichts als Haß, und unser erstes Gefühl war Freude... In Berlin selbst zeigten sich die Trümmer der Armee nicht in großen Massen. Man ließ sie auf Seitenwegen vorüber oder in der Dämmerung einziehen. Doch genügte der Anblick der verkümmerten Gestalten, die wir sahen, um uns von der Wahrheit von allem- was wir gehört, zu überzeugen. Welche Infanteristen! Welche Reiter! Kopf und Beine mit ekelhaften Lumpen umwunden; die Arme kaum mehr fähig, die Zügel zu fassen, in dem geisterbleichen Gesichte ein zehrendes Fieber; und zu alledem der Spott der Straßenjungen! Nicht mehr mitten auf den Märkten wurde bei Trommelwirbel und Paukenschall stolze Heerschau gehalten ... Die Herrschaft der Übermütigen war zu Ende 18 .
Fontane, Vor dem Sturm:
Er war noch kaum dreihundert Schritt drüber hinaus, als er auf dem breiten Fahrdamm... einen ungeordneten Trupp Menschen auf sich zukommen sah, vierzig oder fünfzig... Sie trugen graue Mäntel samt einem Czako und konnten auf den ersten Blick noch als eine uniformierte Truppe gelten, aber bei genauerer Musterung zeigte sich der ganze Jammer ihres Zustandes. Die Stiefel... waren aufgeschnitten, um die verschwollenen Füße minder schmerzvoll hineinzuzwängen, und wenn der Wind den Mantel auseinanderschlug, sah man wie die Gamaschen herabhingen oder völlig fehlten. Alles desolat. Ihre teils froststarren, teils längst erfrorenen Hände waren in Tuch- und Zeuglappen gewickelt... Im nächsten Augenblick war der Trupp vorüber, ein Leichenzug, der sich selber zu Grabe trug ... Empfindungen, wie sie seine Seele nie gekannt, durchwühlten ihn. „Das sind sie, denen wir aufpassen und Fallen legen und die wir dann hinterrücks erschlagen sollen. Nein ... das wäre schlimmer als den Schlaf morden .. ,“ 19 .
Fontane behauptete, Alexis’ Absicht in Isegrimm, zu zeigen wie der Landadel, die Bürger in kleinen Städten und vor allem die Bauern in
430