ferner Sfeik
FONTANE BLÄTTER
Band 3, Heft 3 (Heft 19 der Gesamtreihe) 1974
Artikel-Nr. 31 782
Theodor Fontane jr. (1856—1933)
Die Schwestern des Dichters Theodor Fontane
Mit Genehmigung von Frau Ursula von Förster, einer Urenkelin des Dichters, veröffentlichen wir aus den unveröffentlichten Lebenserinnerungen ihres Großvaters.
„Die beiden Brüder meines Vaters habe ich nicht gekannt. Rudolf starb vor, Max drei bis vier Jahre nach meiner Geburt. Dagegen weiß ich etwas mehr von den beiden Schwestern meines Vaters zu berichten. Die Jüngste, Elise (geboren am 23. April 1838 in Mühlberg an der Elbe), entsproß noch so spät dem elterlichen Bunde, daß mein Vater als ältester Sohn bei ihr die Patenstelle übernehmen konnte. Über den Anlaß dazu soll er sich jedoch wenig respektvoll geäußert haben. Nach der Trennung der Eltern lebte Elise zunächst bei der Mutter und später allein in Neuruppin. Sie war wegen ihrer auffallenden, übrigens auch noch in ihrem 86. Lebens- und Sterbejahr erkennbaren Schönheit die Königin der Bälle und aller Feste, die Bürgerschaft und Garnison veranstalteten. Unter den Leutnants des dortigen Infanterie-Regiments dürfte kaum einer gewesen sein, der sich nicht in das schöne und dabei noch witzige und schlagfertige Fräulein Fontane verliebt hat. Leider hat es sich aber nicht so getroffen, daß gegenseitige Zuneigung auf der soliden Basis einer bestimmungsgerechten Heiratskaution erblühen konnte. Der alte Satz: ,Er war Leutnant und sie hatte auch nichts' hat auch im Leben und Lieben meiner Tante seine grausame Wahrheit behauptet.
Unter diesen Verhältnissen, die sich 1869 nach dem Tod meiner Großmutter begreiflicherweise nicht anders gestalteten, hatte Tante Lise bereits die Dreißig überschritten, als sich ihr unerwartet doch noch der Hafen der Ehe öffnete, — allerdings als Folge von Irrungen und Mißverständnissen auf beiden Seiten. Im Sommer 1874 war sie mit ihrer Schwester Jenny (1823—1904) und Schwager Sommerfeldt (1820—1902) in
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