instituta im. D. A. Furmanova. Bd 119. Literaturgeschichtliche Forschungen. Sammel-Bd 2. Ivanovo 1973, S. 37—55. 8° (74/33) Wölfel, Kurt: „Man ist nicht bloß ein einzelner Mensch.“ Zum Figurenentwurf in Fontanes Gesellschaftsroman (1963). — In: Theodor Fontane. Darmstadt 1973, S. 329—353. 8° (74/1)
— Joachim Schobeß —
Ein Interview im Fontane-Archiv
Dr. Wolf gang Venohr vom „stern-tv“, Hamburg, drehte einen Film über Potsdam für das westdeutsche Fernsehen. In diesem Zusammenhang wurde Dr. Venohr im Fo n t a mn A r ch i v ein Interview gewährt. Gesprächspartner war Bibliotheksrat Joachim Schobeß, Leiter des Fontane-Archivs. Da in einer Sendung des bayerischen Fernsehens ohne Befragen des Dr. Venohr das Interview der Redaktionsschere zum Opfer fiel, veröffentlichen wir den Text in vollem Wortlaut.
1. Frage: Wie bewahren Sie das Andenken Theodor Fontanes?
Antwort: Wir haben in der DDR das durch Kriegseinwirkungen stark dezimierte Fontane-Archiv der Deutschen Staatsbibliothek neu aufgebaut, so daß es heute die größte Sammelstätte des literarischen Werkes Fontanes ist. Folgerichtig wurde das Archiv in den letzten zwanzig Jahren von Germanisten aus dreiundzwanzig Ländern der Erde benutzt. Wir führten in Potsdam zwei wissenschaftliche Konferenzen durch. An der letzten 1969 nahmen über achtzig Germanisten aus zahlreichen Ländern, darunter auch Nachkommen Theodor Fontanes, teil. Mit Unterstützung des Fontane-Archivs entstand die achtbändige Ausgabe der Romane des Aufbau-Verlages mit den Entstehungs- und Wirkungsgeschichten. Seit 1965 geben wir die Fontane-Blätter heraus, die sich internationaler Mitarbeit erfreuen und gegenwärtig Interessenten in fünfundzwanzig Staaten finden.
2. Frage: Welches sind Ihrer Meinung nach die Hauptunterschiede in der westdeutschen und in der ostdeutschen Beurteilung Theodor Fontanes?
Antwort: Während wir in der DDR Fontanes Gesellschaftskritik unter zunehmender Umorientierung des Dichters vom Adel auf den vierten Stand in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen stellen, beschäftigt sich die westdeutsche Forschung vornehmlich mit Fragen der Motivik, der Ästhetik und der literarischen Technik. In den Schulen der DDR steht das in die Weltliteratur eingegangene gesellschaftskritische Meisterwerk „Effi Briest“ im Lehrplan. In der Bundesrepublik wird dagegen ein Früh- und Nebenwerk, nämlich „Grete Minde“, im Unterricht gelesen. Wir in der DDR sehen es als eine unumstößliche Tatsache an, daß der