Vom würdigen Abschluß der Denkmalsfeier, dem Fontaneabend im großen Garten des Zierschen Etablissements am Rheinsberger Tor, blieb mir ebenfalls eine lebhafte Erinnerung. Deutlich sehe ich die weißen Glocken der Gaslatemen, deren Licht die zahlreichen, dicht besetzten Tische erkennen ließ. In den Gängen wogte es auf und ab, standen die Menschen, die keinen Platz gefunden hatten. Der schöne Sommerabend begünstigte die unbeschwerte, feierlich-fröhliche Stimmung, die alle Teilnehmer zu einer großen, den Dichter ehrenden Gemeinde vereinigte. Gesangsvorträge, verschiedene Chöre, Ansprachen, Vortrag der schönsten Gedichte Fontanes und Darbietungen der Regimentskapelle mit verstärktem Bläserchor wechselten einander ab.
Von den 16 ausgewählten Gedichten durfte ich eines sprechen. Ich kann heute nicht mehr sicher sagen, welches es war. Es gehörte zu den drei Einzugsgedichten, wahrscheinlich das von 1864. Nur eines betrübte mich, das Gedicht lag mir nicht, ich hätte mir ein anderes gewünscht. Als wir aus allen Schulen zur ersten Probe zusammengezogen waren, gaben wir vorher unsere Gedichte einander bekannt. Zu meinem sagte einer der ältesten Schüler: „So was kann man Euch nur bieten. Wir hätten das nicht genommen.“ Ich ließ mich aber in meinem Eifer dadurch nicht beeinflussen. Ich habe konzentriert mit dem festen Willen gesprochen, das Beste zu geben. Das war ich Theodor Fontane schuldig, den ich als den Dichter unserer Heimat, als den märkischen Wanderer liebte, denn nur so hatte ich ihn kennengelernt, das blieb er auch für mich in der folgenden Präparanden- und Seminarzeit. Den anderen, den Prosaiker, den wirklichen Fontane, haben ich erst viel, viel später schätzen gelernt.
Auf der Bank sitzend ist der Dichter dargestellt, in der einen Hand den Bleistift, in der anderen ein Buch, blickt er in Richtung des Paulinenauer Bahnhofes, von dem man damals nach Berlin fuhr. Die Ruppiner wußten das auf ihre Weise zu deuten: Der sieht im Kursbuch nach, wann der nächste Zug nach Berlin fährt.
Von der Jahrhundertwende bis zum Beginn des ersten Weltkrieges habe ich in Neuruppin so manche große Veranstaltung, manche bedeutende Feier miterlebt, aber an keiner nahm die gesamte Bevölkerung so begeistert teil, wie an der Einweihung des Fontane-Denkmals: Neuruppin feierte seinen Dichter.
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