Heft 
(1977) 25
Seite
4
Einzelbild herunterladen

vor allem meinem Adelchen, dessen liebenswürdige Bitten doch am meisten meines Väterchens Herz erweicht haben. Die Überraschung ist mir vollkommen geglückt, niemand hatte mich erwartet, selbst mein lieber Theo hatte keine leise Ahnung von meiner Ankunft gehabt. Ich kam etwas durchkältet, aber trocken hier an, u. kann ja seit gestern mich des besten Wetters freuen. Gestern nachmittag war ich mit meinem Theochen u. Jenny bei Schwarz,wo sich Eure Mila in Wein u. Pflaumen recht erlabt, u. gerne hätte ich Euch, Ihr Lieben, mit genießen lassen. -- Der Kragen, lieb Mütterchen, ist fertig u. recht hübsch geworden [...] einen ähnlichen Kragen mit Chemisett, wie ich von Theo habe, zu dem Preise bis 2 Rtlr. zu besorgen. Er ist für unsere Mama 9 zu ihrem Ge­burtstage, der am 21. dieses ist. Du tust es gewiß gern, da Du sie ja auch so liebst, u. wirst nach Deinem Geschmack auch ganz nach dem ihrigen wählen. Ich würde Dich, liebe Mutter, nicht damit behelligt haben, da aber am Dienstag der Geburtstag, u. ich erst am Sonnabend Abend ankomme, so würde es jedenfalls zu spät, wenn ich ihn besorgen wollte.

Soeben kommt der Hr. Prediger 10 , Theochen hat den ganzen Nachmittag Wache gehabt, erst jetzt ist er frei 11 , Du wirst nicht zürnen, wenn ich bei so triftigen Gründen schließe, alles andere recht bald mündlich. Theochen wird diesen Brief schließen u. fügt wahrscheinlich etliche Zeilen hinzu. Die herzlichsten Grüße von allen an Euch alle, namentlich Dir, mein Mütterchen, von meiner Mama. Grüße u. küsse meinen süßen Adelbert u. meinen alten guten Vater u. bleibe immer gut Deiner Emilie.

An den Alten u. Adelchen viele, viele Grüße.

Liebe Mama.

Emiliens Brief darf nicht ohne ein paar Zeilen von mir in Ihre Hände gelangen. Vorerst Ihnen und dem guten Commissions-Rat meinen auf­richtigen Dank für den in Gnaden gewährten Urlaub; daß Sie wenn auch nicht durch viele, so doch durch gewichtige Worte den Sieg so recht eigentlich erfochten haben, davon bin ich fast überzeugt. Emilie überraschte mich nicht in der Rolle, aber auf dem Frankfurter Bahn­hof 12 wahrlich um kein Haar weniger. Ich sah den Zug, bloß aus Zeit­vertreib, herankommen, ich hatte nicht die geringste Hoffnung, daß eine Minute später meine Mila aus dem Coupe treten würde. Über unsre Fahrt von Frankfurt bis nach Haus muß sie Ihnen mündlich Bericht abstatten; sie war reich an humoristischen Vorkommnissen, die freilich in der Erinnerung sich besser ausnehmen als in der Gegenwart. Wir leben hier in ungetrübter Freude, möge die Zeit nie wiederkehren, wo jeder Tag seine Kränkungen und Schmerzen mit sich brachte. Zum Schluß noch eins. Emilie hat Urlaub bis zum Sonnabend, ich würde mich schämen, auch nur noch eine Stunde Zulage zu erbitten, wenn nicht am nächsten Dienstag meiner Mutter Geburtstag wäre. Der Kommissions­rat ist gerade jetzt so seelensgut gegen Milan gewesen, daß ich mit

4