Heft 
(1977) 25
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ten vorlesen zu können u. Klein-Theochen hat durch den Bojatz das erste Spielzeug erhalten u. lebt sogar der Kopf noch. Auf Dein Kommen, mein Herzensmütterchen, rechne ich mit Bestimmtheit u. wirst Du natür­lich so freundlich sein, in meiner kleinen Häuslichkeit zu wohnen; vom Mai sind Dir Tür, Herz u. Arme weit geöffnet, u. je länger Du bleiben kannst, um so mehr beglückst Du mich. Ich freue mich sehr darauf, mit Dir, liebes Herz, wieder plaudern zu können. Grüße Adelbert von mir, ich bin begierig, von ihm zu hören.

Deinen Lieben, namentlich Mama u. Mariechen, meine besten Grüße u. Dir die Versicherung steter Liebe u. Dankbarkeit von Deiner Dich kindlich liebenden Emilie Fontane.

Bellevuestraße N. 16.

Meine liebe Mama.

Daß Emilie Deinen freundlichen Brief nicht eher beantwortet hat, dafür mußt Du mich und mein Hiersein verantwortlich machen. Zehnmal war die gute Absicht da, aber wir leben wie in einer Hetzjagd und alle Briefe, die geschrieben werden, sind bloße Zettel. Wie mirs geht, über meine Ab- und Aussichten wird wohl Emilie berichten. Vor ihrer Über­siedlung nach England hofft sie Dich noch hier zu sehn: auch mein Wunsch und meine Bitte ist es, daß Du ihr über den Abschied und die tausend Mühen, die denselben begleiten, hinweghelfen mögest 19 . Leb wohl. Für alles Liebe und Gute, das ich Dir verdanke und das unver­gessen ist, auch heute noch meinen aufrichtigen Dank. Herzliche Grüße Dir und den Deinen von Deinem Th. Fontane.

[Der Anfang des Briefes von Emilie Fontane fehlt. Der Brief muß unmit­telbar nach dem österreichisch-preußischen Kriege 1866 (21. Juni Kriegs­zustand, 21. Juli Waffenstillstand, 26. Juli Friedensvertrag zu Nikolsburg), den Theodor Fontane als Berichterstatter in seinem BuchDer deutsche Krieg 1866 behandelte, geschrieben worden sein.]

[George und] Theo 20 sind gute Jungens, ersterer jetzt gerade so groß wie seine Mama, nur in den Schultern breiter. Tante Merckel 21 ist gottlob nicht verreist und hat in der Ferienzeit mit ihrer Güte und ihrem Beutel die Jungen manches liebe Mal amüsiert, zum Schluß war die liebe Seele sogar mit ihnen in Potsdam.

Meine Schwiegermama hat sich zu unserer unendlichen Freude in ihrer neuen Wohnung 22 so erholt, daß sie es, wie sie meint, noch ein Weilchen mit dem Leben ansehen wird. Jenny erwartet in 14 Tagen ihr 14tes Kind! Sie tut mir furchtbar leid, und möchte ich Gott kniend täglich danken, daß mir es nicht so geht. Dabei ist sie trotz ihrer 42 Jahre munterer denn früher, und so hoffen und wünschen wir das beste, Junge oder Mädchen ist einerlei, nur nicht beides.

Unser alter Lepel ist wieder eingetreten, dies schrieb ich Dir wohl schon, hat aber glücklicherweise nicht fort gemußt, sondern hier Ersatzmann­schaften kommandiert 23 .

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