Heft 
(1977) 25
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Unser geselliges Leben wird immer beschränkter, einmal Theos vieler Arbeit halber und der Kinder wegen, deren von Jahr zu Jahr mehr Kosten uns auch höchste Einschränkung zur Pflicht machen; mir ist es sehr lieb, denn mit einem Mädchen habe ich vollauf zu tun und nur mit einem so fleißigen und bescheidenen, wie Luise ist, ist es durchzu­führen; sie war ganz gerührt, daß Du sogar auch ihrer wieder gedacht, und sendet Dir ihren gehorsamsten Dank.

Passende Gummischuh habe ich noch nicht, sobald ich sie finde, sende ich sie Dir endlich mit dem Buche, so oft versprochen, welches wir hofften, Du würdest es hier lesen. An Adelbert tausend Grüße; der liebe Mensch hat doch gar kein Glück, und ich wünsche es ihm so von Herzen. Er soll nur nicht mutlos werden; mal kommt es doch.

Möge nun Ruhe und Friede überall einkehren! Dann wird sich auch vieles klären und Du, mein Mütterchen, wirst, so Gott es gibt, übers Jahr in einem neuen Buche von unserem alten Theodor manches erklärt und auseinandergesetzt finden, worüber ich Dich zu benachrichtigen weder Verstand noch Kenntnis genug habe.

Die innigsten Grüße von Theo und den Kindern, auch all Deinen Lieben! Zu Maulls schicke ich George in diesen Tagen und benachrichtige Dich über sie mit den Gummischuhen und dem Buch.

Auch von mir die herzlichsten Grüße! Ob Dir mein BuchAufklärungen 1 ' (möglicherweise sehr unerwünschte) bringen wird, ist schon deshalb frag­lich, weil es noch nicht feststeht, daß ich das Buch schreibe 21 . Eigentlich haben sich die Unterhandlungen bereits zerschlagen. Bei Deiner Ein­quartierung scheinst Du einen eigentümlichen Treffer, Glück oder Un­glück, gehabt zu haben. Hätte die ganze Armee aus lauter solchen unsichren Passagieren bestanden, so hätten wir weder Gitschin noch die Höhe von Chlum und Liepa gestürmt. Glücklicherweise haben wir auch über andre Pappenheimer Verfügung gehabt. Deine sächsischen An­schauungen kann ich natürlich nicht durch ein paar Sentenzen in ihr Gegenteil verkehren 25 . Nur so viel, daß wir glauben, durchaus im Recht gewesen zu sein und daß wir ohne Blasphemie der Überzeugung leben, daß Gott entschieden und uns deshalb den Sieg gegeben hat, weil jede Art von Recht, das juristische und das politische auf unsrer Seite war. Natürlich werdet ihr das nicht zugeben,ist auch nicht nötig. Ich wünsche Dich nur wissen zu lassen, wie die Preußen empfinden, trotz einiger schlapper Jungens, die, weil ihnen die Beine weh tun, in unpatrio­tischen Kleinmut verfallen. Nichts für ungut! Auf allen Gebieten, außer auf politischen, wie immer Dein Dich liebender Theodor.

Anmerkungen

1 Das Theodor-Fontane-Archiv erwarb 1971 aus Herrnhut dreiundneunzig unver­öffentlichte Briefe der Emilie Rouanet-Kummer (seit 6. 10. 1850 Emilie Fontane) an ihre Adoptiveltern Karl Wilhelm Kummer (17851855) (s. Theodor Fontane: Von Zwanzig bis Dreißig, KapitelRat Kummer) und Bertha Kummer, geborene Kinne, sowie 1971, 1975 und 1976 den Teilnachlaß von Karl Wilhelm

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