ln diesem Zusammenhang sei auf einen Brief hingewiesen, den Friedrich Fontane im Jahre 1939 Professor Dr. Walther Kranz, Berlin, schrieb, dem aufgefallen war, daß in der Briefausgabe „Heiteres Darüberstehen“ (1937) der Brief vom 17. Mai 1839 (S. 229 f.) bereits in den „Briefen an seine Familie“, Bd. 2, unter dem Datum des 26. Mai 1889 abgedruckt war. Friedrich Fontanes Brief, dessen Kenntnis ich Frau Dr. Renate Böschenstein verdanke,ist in vielem aufschlußreich für die Editionsprinzipien der früheren Herausgeber, obwohl seine Erinnerungen doch schon etwas vage waren, wie sich aus der Bemerkung erzeigt, daß der Brief vom 26. Mai „zu kurz“ war und daß ihm darum ein „Annex“ beigegeben wurde. Der Brief vom 26. Mai ist ein langer Brief, doch haben die Herausgeber den zweiten Teil nicht gebracht, sondern ganz einiacn Teue aus zwei n,.c.e.i (vo.a 17. und 26. Mai) zusammengelegt. „Solche Kontraktionen aus verschiedenen Briefen“ schreibt Friedrich Fontane, „die dem Wissenschaftlier meist em horror sina, lassen sich bei Briefbänden kaum vermeiden, wenn letztere vorwiegend iur den Laien bestimmt sind. Mein Schwager hat solche Bindungen häufig angewandt, aber in dem vorliegenden Fall habe ich sie übersehen.“ „Meine Druckvorlage“, so fährt der Brief später fort, „war das Manuskript meines Schwagers, das vermutlich nach den Originalen von einem meiner Büro-Fräuleins abgetippt wurde. Wollen Sie ganz sicher gehen, dann können die Originale, die sich, glaub’ ich in der Handschriften-Abteilung der Staatsbibliothek befinden, eingesehen werden. Das Manuskript — und zwar jetzt wieder das vollständige, also das sowohl von Fritsch, wie auch von mir benutzte — wird im Fontane-Archiv des Provinzialverbands, Matthäikirchstr. 3, autbewahrt.“ Friedrich Fontanes Aussage über den Standort der Originale, die er aus dem Gedächtnis machte („glaub ich“) ist, wie wir jetzt wissen, nicht richtig. Viele der Briefe waren damals in Privatbesitz. Folgender Paragraph mag noch von Interesse sein: „Dem Vorwort bei meinem Schwager (auf p. VI) kann jetzt noch hinzugefügt werden, daß der Vernichtungsakt der Originale zu den Familienbriefen wohl in drei Perioden erfolgte:
1: von kompletten Jahrgängen, vermutlich bei einem großen Aufräumen von
Briefen: Zeit unbestimmbar.
2- Ende Juni 1881, was aus 2 Briefen meiner Mutter hervorgeht, die Herr Dr.
Fricke in seiner Biographie „Emilie Fontane“ auf S. 91 abdrucken ließ.
3: bald nach dem Tode meines Vaters, w'ohl 1899/1900.“
Es sei hier noch bemerkt, daß in den wenigen Fällen, wo Abdruck nach Abschriften in der Propyläenausgabe notwendig war, weil das Original fehlte, der Versuch gemacht wurde, die Wiedergabe der Orthographie analog Originalbriefen zu regeln, eine Methode, von der ich jetzt abraten würde.
Brief 240
Berlin 17. Febr. 82. Potsd. Str. 134.C.
Meine liebe Mete.
Längst hätt’ ich Dir mal geschrieben, wenn mir nicht so »poorly«, so hinfällig zu Muthe gewesen wäre; ich fühlte deutlich, daß ich weder eines heitren, noch eines erquicklich ernsten Tones fähig sei und den unerquicklich ernsten, den Unken-, den Heulhuber-Ton anzuschlagen, ist nicht meine Sache. Mir ist nichts widerwärtiger als klagen oder auch nur innerlich unzufrieden sein; das Letztre läßt sich freilich nicht immer vermeiden, aber wenn man nur einigermaßen guten Willen hat — ich gebe zu, daß manche Naturen ihn nicht haben können — so läßt sich dieser meist aus Undank und Unbilligkeit gebome böse Feind fast immer besiegen. Nur von einem Kranken kann man diese Kraftanstrengung nicht verlangen.
Aus Deinem heute früh eingetroffenen Brief haben wir ersehn, daß es Dir momentan etwas besser geht. Es ist weder Bequemlichkeit noch unsinniger Optimismus, wenn ich Dir bei dieser Gelegenheit ausspreche, daß ich die Situation nicht so schlimm ansehe, wie Du, und mitunter auch Mama. Natürlich bist Du nervös; wie könnt’ es anders sein, sind es
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