Issue 
(1977) 25
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Dir sein. Aller Abattuschaft zum Trotz, hast Du schon ein gut Stück in Deinem Leben geleistet und wirst es ferner; es braucht ja nicht jeder um 3 Uhr früh aufzustehn und 15 Stunden Steine zu klopfen, man kann sich auch anderweitig im Leben nützlich machen, mancher blos dadurch daß er da ist, durch Freundschaft, Treue, Liebenswürdigkeit, alles ohne Anstrengung, ja am schönsten dann, wenn man das alles ohne Anstrengung leistet. Und indem ich dies alles als eine lange Standrede gegen Mama und ihre Thränen halte, spreche ich Dir selber vielleicht einen kleinen Trost ins Herz. So lange man lebt, hofft man und darf auch hoffen; es kommt immer anders und wenn sich unsre sehnsuchts­vollen Wünsche nicht immer erfüllen (oder eigentlich nie) so erweisen sich auch unsre Befürchtungen als ungerechtfertigt. Es wird schon alles wieder werden, nicht zum Heldisch-Gesundheitlichen aber doch zum momentan Glücklichen hin. Und viel mehr darf keiner verlangen. So schön Bonn war, so ist es mir doch vollkommen klar, daß dieses heiße Nest in diesem unerträglich heißen Sommer nichts sonderlich Gesundes für Dich war; es wird auch, trotz des fließenden Rheins, an Malaria nicht gefehlt haben; wo Sonne auf Uferränder fällt, ist sie immer. Wir sind Beide für Krummhübel nur nicht »Villa« Schiller geschaffen. Immer Kopf oben. 1000 Grüße Dein alter

Papa.

Ich war heute schon draußen in Lichterfelde, Mama will morgen hinaus. Der Epheu wächst jetzt gut und der schöne schwarze Stein mit Gold der Einigen anfangs nichtmonumental genug war hat bereits mehrfach Nacheiferung gefunden. Es ist auch sicherlich das Beste, wenn man nicht ein Mausoleum bauen läßt mit dem beständigen Zuruf (eine Hauptgeschichte von Richard Lucae)nur fest. Die schöne Dame Frau des reichen Banquier Wagner (Wagnersche Galerie) fürchtete nämlich, er könne wiederkommen und wollte dies nach Möglichkeit hindern. Dahernur fest. .

Brief 307

Berlin 28. Aug. 89. Potsd. Str. 134,c.

Meine liebe Mete.

Deine Briefe sind uns immer eine Freude, besonders wenn sie leidlich Gutes über Dein Befinden melden; der heutige war es mir noch im Speziellen, weil ich wegen meines deutschen Aufsatzes »der Dichter und der ,Ort« doch meine Bedenken hatte. Nacht aesthetische und noch weniger moralische, sondern so zu sagen »Erfolgbedenken«; man schreibt doch dergleichen nur, um dem Empfänger eine kl. Freude damit zu machen, mit solcher Freude steht es aber schwach, wenn der Eintreffe­moment kein glücklicher ist und das fürchtete ich fast nach Lesung Deiner vorgestrigen Karte, die von Wohlbefinden nicht viel wissen wollte. Wohl mir, daß sich meine Befürchtung nicht bestätigt hat. Du

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