(darüber ist man sich in Paris einig) zu den wenigen Autoren, die ein correktes Französisch schreiben.“ Dann kam er auf sich und sein Stück: Maria und Magdalena. Er gab an, daß er bereits 18 000 Thaler damit verdient habe, wozu Hugo Bürger später bemerkte „sagen wir Mark“. Ich drückte ihm mein Erstaunen über die hohe Summe aus, was ihm Veranlassung gab, mir die Sache plausibel zu machen. In der ihm eigenthümlichen Klugheit fing er die Sache von hinten an und zwar mit den kleinen Zahlen. „Es giebt in Deutschland 486 Theater und nur auf 11 Theatern ist mein Stück nicht gegeben worden. Die Menge muß es bringen. Auch Küstrin steht auf der Liste; denken Sie sich, der Küstriner Direktor hat 2 Thaler bezahlt.“ Ich lachte und war zufriedengestellt.
Aus der Linden-Straßen - Wohnung ist mir außer der jungen eleganten Frau in ihren rothen Schleifen auf der Chaiselongue nichts mehr in Erinnerung geblieben 2H ; ebenso weiß ich wenig aus der Wohnung am Kronprinzen-Ufer. Nur so viel hab’ ich noch gegenwärtig, daß die Wohnungen nicht nur eleganter sondern namentlich auch wohnlicher wurden. Die Wohnung in der Luisen-Straße war eine bloße Tapezier-Leistung, alles war bestellt, programmäßig; allmälig entwickelte sich die Umgebung und nahm ein besondres Gepräge an. Die Wohnung in der Von der Heydt-Straße schwebt mir noch deutlich vor. Ein bestimmter Stil ist nicht festgehalten, ebensowenig Symmetrie; was vorherrscht ist Roccoco, Buntheit und Durcheinander. Meißner und chinesisches , Porzellan, alte geschweifte Nußbaum-Möbel, Polster, Teppiche. Dazu schöne Bilder: ein Bild Bismarcks, lebensgroß, Kniestück, in Civil, ein Bild Frau Lindaus, beide von Lenbach; ein witzig carri- kirtes Bild Lindaus von Kladderadatsch-Scholz u.a.m. Die „Library“, zugleich Arbeitszimmer, wieder überaus reich, ein Filet mit zwanzig Beilagen rund ’rum, gemüthlich, geschäftlich und kolossal wissenschaftlich wirkend.
Ich will noch ein» Wort sagen über die Art wie Lindau zehn Jahre lang die „Gegenwart“ redigirte. Er redigirte sie,, wie wenn die Welt nur aus der Familie Lindau, aus der Bühne, königlich oder nicht-königlich, die grade sein neustes Stück gab und aus der Thiergarten-Straße bestünde. Ei- kannte nur seine literarischen, finanziellen und gesellschaftlichen Interessen. Ich glaube, daß ein derartiges Blatt nie existirt hat oder wenn es existirte, wenigstens offen bekannte: „das und das ist meine Absicht; ich diene der und der Richtung, dem und dem Interesse.“ All das unterließ Lindau aber; er schuf sich ein Leib-Blatt und gab es für ein Blatt aus, das der deutschen Literatur dienen, dieselbe hegen und pflegen wolle. Was that er nun aber wirklich? Er kümmerte sich um die Pariser Novitäten und setzte seine Ehre darin, die deutsche Literatur hinsichtlich der französischen auf dem Laufenden zu erhalten. Also immer Augier, Sardou, Feuillet, dann wieder Flaubert, Zola, Daudet. Und so 50 vielleicht hundert andre. Die deutsche Literatur existirte für ihn nur insoweit, als sie mit i h m rivalisirte. So kam es, daß ihm Hugo Bürger, Gustav von Moser, L’Arronge, Jacobson etc. die deutsche
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