Die „folgenden 3 Bogen“ sind Blatt 19 bis 24. Blatt 25 bis 30 (also weitere 3 Bogen) enthalten die Kritik an der „Gegenwart“.
20 Gestrichen: alles war elegant.
b) Verkehr mit Paul Lindau. Aus dem Nachlaß von Theodor Fontane
Als Paul Lindau die „Gegenwart“ gründete, wurde ich zur Mitarbeiterschaft aufgefordert und debütierte mit einer Besprechung des kleinen sehr hübschen Buches seines Bruders: „Das Garde-Corps im Kriege 70—71“. Ich blieb dann Mitarbeiter durch zehn Jahre hin. Daneben besprach ich Paul Lindaus Stücke in der Vossin, von „Maria und Magdalena“ an bis „Verschämte Arbeit“, frei und ungeniert, aber im ganzen genommen doch sehr anerkennend.
Die Lindauschen literarischen Gegenleistungen waren sehr gering. Paul Lindau selbst hat nie die Feder für mich angesetzt. Da darin kein eigentlich böser Wille lag, so hab’ ich’s ihm nie übel genommen, bin vielmehr immer auf dem besten Fuß mit ihm geblieben, glaub’ auch beiderseits ehrlich: ich war ihm sympathisch, er mir. Aber sonderbar bleibt es doch. Er hielt mich entweder für grenzenlos gutmütig oder für grenzenlos unbedeutend oder war — wenn weder das eine noch das andere zutreffen sollte — der grenzenlos verbummeltste Redakteur. War’ ich nicht wohlwollender Theater-Referent gewesen, der doch nicht abisolut ignoriert werden konnte, so hätte durch ein Jahrzehnt hin meine ganze literarische Tätigkeit: Kriegserlebnisse, Kriegsbuch, Wanderungen, Gedichte, Roman, nicht einmal eine Erwähnung gefunden. Es wird nicht viel Seitenstücke dazu geben. Aber, wie gesagt, wir blieben auf gutem Fuß und so hatte ich die verschiedensten Begegnungen mit ihm.
Zuerst auf dem 150jährigen Jubiläumsfest der „Vossischen Zeitung“. Von der „Gegenwart“ war eben die erste Nummer erschienen. Sodann machte ich ihm einen Besuch in seiner Wohnung, Luisenstraße, wenn ich nicht irre Nummer 37, eine Treppe. Man war damals, zu Anfang der Gründerzeit, noch weniger an glänzende Einrichtungen gewöhnt, am wenigsten aber bei einem Schriftsteller, der höchstens 32 Jahre alt und eigentlich noch ein Anfänger war. „Maria und Magdalena“ war eben erst gegeben. Die Wohnung bestand aus sechs Zimmern, drei nach vorn und drei nach hinten, dazwischen ein Korridor. Von den drei Vorderzimmern war das erste ein Boudoir, nach Art eines Damenzimmers eingerichtet, dann kam, im Ministerstil, ein großes Audienzzimmer und hinter diesem ein ebenso großes Arbeitszimmer. Beide schweben mir noch in ihren charakteristischen Zügen vor. Prunk und Überladenheit waren vermieden, alles sollte solide wirken. In dem Audienzzimmer waren alle Möbel mit demselben graugrünen Ripsstoff überzogen, aus dem auch die Tischdecken bestanden. Alles echt, tüchtig und von prononzierter Einfachheit. Nach demselben Prinzip war auch das Arbeitszimmer eingerichtet. Alle Möbel waren von demselben gelbweißen Holz (ich glaube Ahorn). In den Schränken stand eine wundervoll eingebundene Bibliothek, nicht kunterbuntes Zeug, mal hoch, mal niedrig, mal elegant
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