Heft 
(1977) 25
Seite
70
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Leserpublikum geben dieWanderungen zahllose Anregungen und Hin­weise, sich die beschriebenen Seen, Wälder, historischen Stätten und Landstriche selbst auf Fahrten und Wanderungen zu erobern. Sie erwecken ganz einfach das Interesse, doch einmal nachzuschauen, wie es tatsächlich aussieht, was sich seit Fontanes Zeiten verändert hat, und was man heute noch vorfindet.

DieWanderungen trugen dazu dabei, daß Fontane zum Bahnbrecher des märkischen Tourismus wurde, wie die Herausgeber es treffend aussprechen. Die Frische und unvermittelte Lebendigkeit vieler Wande­rungskapitel besonders die über Neuruppin und die Ruppiner Schweiz, aber auch über das Oderbruch beruhen auf Fontanes methodischem Ziel derTotalität und Wiedergabe kleinsten und intimsten Lebens. Fontane bekannte, daß er dieWanderungen aus reiner Liebe zur märkischen Heimat geschrieben hatte. Seine kritische Grundhaltung zu den von ihm beschriebenen gesellschaftlichen Verhältnissen wird dem aufmerksamen Leser von Band zu Band nicht entgehen.

Die Herausgeber heben hervor,daß Fontane zur politisch-historischen Aufwertung der Mark Brandenburg kaum beigetragen hat und daß sich der Dichter energisch dagegen wehrte, wenn seine ,Wanderungen 1 gelegentlich für Preußens Glanz und Gloria herhalten sollten.

Wir sind uns mit den Herausgebern darin einig, daß dieWanderungen eine Kulturgeschichte des brandenburgischen Gebietes geworden sind. Die Mark Brandenburg ist ein Teil der DDR, und zurecht betonen Erler und Mingau, daß die Nachkommen der Fontaneschen Kutscher und Kossäten, der Torfstecher und Ziegelbrenner seine neuen Leser sind. Ihre Fontane-Aneignung vollzieht sich aus völlig veränderter Sicht. DieWanderungen können aber auch heute bei uns dazu beitragen, historisches Wissen über unsere unmittelbare Umwelt zu erwerben und zu einem neuen Geschichtsverständnis zu kommen. Darin sehen wohl auch die Herausgegber das Ziel ihrer Unternehmung.

Wenden wir uns nun der Ausgabe selbst zu, so bemerken wir ähnlich wie bei der Herausgabe der Romane und Erzählungen schon nach wenigen Seiten die große Akribie und Liebe bei der Herausgabe, Kommentierung und Besorgung des umfangreichen Anmerkungsapparates. Der eigentliche Werktext ist sorgfältig durchgesehen und schließt an die letzte von Fontane besorgte Ausgabe an. Selbst die noch in den ersten Werkaus­gaben vom Dichter am Fuße' der Seiten beigebrachten Anmerkungen fehlen nicht. Die Herausgeber waren bemüht, alle erreichbaren Hilfs­mittel auszuschöpfen. Als besonderer Gewinn und das macht die Ausgabe attraktiv ist die Benutzung der Notizbücher zu vermerken, welche Fontane auf seinen Wanderungen führte und die als unveröffent­lichter Schatz des Potsdamer Fontane-Archivs durch Bibliotheksrat J. Schobeß zur Verfügung gestellt wurden. Große Hilfe erfuhren die Bearbeiter durch Hinweise und Auskünfte von den Abteilungen für Kultur der entsprechenden Kreise, von Museumsleuten und Privatperso­nen, so daß es ihnen möglich war, Detailfragen zu klären und bei vielen durch Fontane beschriebenen Baulichkeiten Angaben über ihren jetzigen Erhaltungszustand und Verwendungszweck mitzuteilen. Bereichert werden beide Bände durch mehr oder minder gut gelungene Wiedergaben von Skizzen aus den Notizbüchern des Dichters. Hier wünscht man sich bei folgenden Bänden bessere Aufnahmen und vor allem Abdrucke weiterer Schriftproben. Der Anhang erschließt die Entstehung und Überlieferung