als Schutzdach und höheres Bildungsmittel. Die Erinnerung an dies Bild will mir nicht aus der Seele, seit wir hier im Grünen sitzen. Zunächst bleibt uns nur der Trost, dem Lande doppelte Steuern zu entrichten, nämlich die städtische Schlacht- und Mahlsteuer, weil wir uns aus Berlin verproviantieren, und die ländliche Einkommensteuer, weil wir bereits zu Schöneberg gehören. Vor der letzteren Steuer wird mich auch die Fraglichkeit meines Einkommens kaum bewahren.
Sonnabend, 9.
Gestern abend, als ich eben meinen Brief an Dich beendet hatte, kam Lepel, trank Tee mit uns und plauderte so lange, daß er schließlich, um aus dem umzäunten Bann der Sommerwohnung herauszukommen, über einen Staketenzaun voltigieren mußte. Er tat es mit Mut und Geschick, wie es sich für einen alten Gardeoffizier geziemt..."
Weiter schreibt er am 26. Mai an Wilhelm Wolfsohn:
„Wir saßen vorgestern beim Nachmittagskaffee in unsrer Geißblattlaube und sogen die echte Berliner Gartenluft (Blumen vorne und Müllkute hinten) in vollen Zügen ein — Professor Magnus hat nämlich bewiesen, daß der gute Gesundheitszustand der Berliner in der schamlosen Unbedecktheit ihrer Rinnsteine wurzelt. —, als Deine liebenswürdigen Zeilen, nach kurzer Irrfahrt durch die Schönebergerstraße, hier eintrafen. Habe herzlichen Dank für den Ausdruck alter, unveränderter Liebe und Freundschaft.“
Die Lage dieser Sommerwohnung hat schon manches Kopfzerbrechen verursacht, weil sie so ohne weiteres in der Potsdamer Straße nicht zu finden ist. Sie ist auch nicht mit dem im Kriege zerstörten Eckhaus an der Nordwestecke der Potsdamer- und Lützowstraße identisch. Das Haus Potsdamer Straße 33 war ein einstöckiges Wohnhaus, um 1840 erbaut und gehörte dem Kaufmann Julius Moser. Es lag dort, wo jetzt der Straßendamm der Lützowstraße ist, auf dessen westlicher Hälfte, die damals noch nicht existierte. Die Lützowstraße, die damals nur zwischen Flottwell- und Potsdamer Straße verlief, hieß „Lützower-Weg-Straße“ und bekam erst 1867, bei Durchlegung der Straße über das Grundstück mit Fontanes Wohnhaus, ihren heutigen Namen.
Die Verbindung von Schöneberg in die Stadt vermittelte eine Pferdeomnibuslinie Schöneberg—Berlin-Molkenmarkt. Fontanes betrachteten diese Wohnung nur als ein Provisorium, zum Winter mußte etwas anderes, größeres, gesucht werden. Da man mit dem Gelde haushalten mußte, war die nicht hohe Miete von 45 Reichstalern pro Quartal ganz angenehm. Die vorhin erwähnte Einkommensteuer betrug 27 Silbergroschen. Für die Einfachheit der Wohnverhältnisse sprechen folgende Zeilen aus einem ungedruckten Brief an Frau Emilie vom 16. September: „Die Gardine in der Vorderstube habe ich wieder anmachen lassen, ebenso gedenk’ ich auch auf eine Bettdecke nicht Verzicht zu leisten. Ich kann doch, wenn meine Frau auf Reisen geht,
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