Wohnung, (die wir, wie so vieles andre, 'Ihnen verdanken) zugebracht haben; aber Haus und Wohnung sind sehr heruntergekommen und keine Ordnungsliebe, auch der wirthschaftlichsten Frau, reicht aus, eine Wohnung im Stande zu erhalten, wenn alle Nachbarn oben und unten, rechts und links, alles verkommen lassen. Dazu Flur, Treppe, Corridor, — alles in einem furchtbaren Zustand, der Hof sieht aus, als könne er das ganze Geheimeraths- Viertel mit Typhus versorgen. Alles hat seine Zeit, so auch eine Wohnung. Im Uebrigen wünschen wir aufrichtigst und in Dankbarkeit gegen das was zurückliegt,daß die nächsten 9 Jahre nicht unglücklicher verlaufen mögen, als die Epoche von 1863 bis 72. Es waren wie die besten so auch die interessantesten Jahre meines Lebens, Drei Kriege und welche ! Alles an den Fenstern vorüber, Dänen, Croaten, Turcos, Dazu Reisen kreuz und quer und selbst eine romantische Gefangenschaft.“
Am 3. Oktober erfolgte der Umzug in die neue Wohnung Potsdamer
Straße 134c, drei Treppen links. Hierzu lesen wir wieder in einem
Brief an Mathilde von Rohr am 31. Oktober 1872:
„Dieser Oktober soll nicht aus der Zeitlichkeit scheiden, ohne daß ich Ihnen vorher noch für Ihren lieben Brief vom 6. d. M. gedankt hätte. Vieles darin that mir wohl, am meisten aber die, ich darf es wohl sagen in Demuth von mir hingenommenen Worte:
,Sie und Ihre liebe Frau bringen Segen in jedes Haus, in der unausgesetzten Thätigkeit und der dankbaren Anerkennung dessen was Gott Ihnen schenkt.“ Diese Worte hätten mich zu allen Zeiten beglückt, an dem Tage aber an dem sie hier eintrafen, wirkten sie wie ein Talisman, denn unmittelbar vorher hatte mir meine Frau erzählt, das alte Judenweib, das vorher diese Wohnung inne hatte, sei mit den Worten von hier geschieden: ,na, Freude soll er hier nicht erleben“. Bei all meinem Vertraun in die Gnade Gottes, die auf den Wunsch eines alten Judenweibes nicht von mir abfallen wird, verstimmte mich die Sache doch ein wenig und ich athmete erst freier auf, als Ihre Zeilen wie eine Art Exorcismus des Teufels eintrafen. Ein christlicher Segenswunsch wird doch wohl mächtiger sein, als ein alter, halbversteckter Judenfluch. Mögen Ihre freundlichen Gesinnungen und Fürsprachen an alleroberster Stelle, uns ferner schützend zur Seite stehn.“
Friedrich Fontane schrieb später hierzu:
„Beelzebubs Geist schien allerdings in der verlassenen Wohnung noch herrschen zu wollen. Seit Jahren aufgespeicherter Schmutz starrte den Ankömmlingen entgegen. Aber die schlimmste Hinterlassenschaft barg jener eigentümliche Schlafraum, der, Alkoven genannt, in alten Gebäuden die Verbindung zwischen den Vorder- und Hinterstuben herstellte. Hier wimmelte es nur so von Ungetier, hier feierte die Bettwanze ungestörte, ewige Brautnacht In allen Fugen und Ritzen war es lebendig. An den Wänden, in
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