„Der Potsdamer Platz, das ist das meiste Leben. Und Leben ist nun mal das beste, was eine große Stadt hat. Und da hab ich denn Josty mit dem Glasvorbau, wo sie schon von früh an sitzen und Zeitungen lesen, und die Pferdebahnen und die Omnibusse kommen heran, und es sieht aus, als ob sie jeden Augenblick ineinander fahren wollten, und Blumenmädchen dazwischen... ja Kinder, wenn ich das so vor mir habe, da wird mir wohl, da weiß ich, daß ich mal wieder unter Menschen bin.“
Ende der 90er Jahre entstand auch das Gedicht „Meine Reiselust“, dessen zweite Strophe lautet:
„Jetzt zwischen Link- und Eichhomstraße Meß’ ich meine bescheidnen Maße,
Höchstens bis Königin Luise
Wag’ ich mich vor, umschreitend diese.
Bleib’ dann ein weilchen noch in dem Bereiche Des Floraplatzes am Goldfischteiche.
Der Wrangelbrunnen bleibt mir zur Linken.
Rechtsher seh’ ich Goethe winken.
Zuletzt dann vorbei an der Bismarckpforte Kehr’ ich heim zu meinem alten Orte,
Zu meiner alten Dreitreppenklause,
Hoch im Johanniterhause. —
Schon seh’ ich grüßen, schon hör ich rufen —
Aber noch 75 Stufen!
Fontane hatte auch das Fragment einer Novelle „Die Drei-Treppen- Leute“ hinterlassen, deren Handschrift sich bis 1945 im Theodor-Fontane- Architv befand. Sie wurde zusammen mit der Skizze „Umzug“ in einem Aufsatz Friedrich Fontanes: „Wie Theodor Fontane umzog. Aus unveröffentlichten Manuskripten.“ in der Vossischen Zeitung vom 5. August 1922 abgedruckt. In Fontanes Briefen aus den späten Jahren finden wir noch einige humorvolle Schilderungen aus dem Leben in der Potsdamer Straße, wie die Episode mit dem vergessenen Hausschlüssel vom April 1884 oder die Schilderung der Wohnungsrenovierung im August 1891.. Hier erlebte der Dichter mit seiner Gattin auch schmerzliche und frohe Ereignisse mit den Kindern: Im September 1887 verstarb der älteste Sohn George an Blinddarm Vereiterung; 1888 gründete der jüngste Sohn Friedei seinen Verlag, der später auch das Werk des Vaters herausbringen sollte; 1889 wurde der Sohn Theodor Intendanturrat und später „Wirklicher Geheimer Kriegsrat“ im Range eines Generals, und im Januar 1898 sah die Wohnung noch die Verlobung der Tochter Mete mit dem Architekten Karl Emil Otto Fritsch, dem Herausgeber der „Deutschen Bauzeitung“. Theodor Fontane und seine Gattin waren gemeinsam alt geworden, das Lebensschiff lenkte in ruhiges Fahrwasser. Am 20. September 1898, abends um 21 Uhr, schloß der Dichter hier seine müden Augen für immer. Am 24. September trug man seine sterbliche Hülle die 75 Stufen hinab, um sie zum Kirchhof der Französischen Gemeinde hoch im Berliner Norden in ihre allerletzte Wohnung
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