Heft 
(1977) 26
Seite
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Pierre Barthelemy Fontane (17571826)

Der Großvater Theodor Fontanes

Nach Aufzeichnungen Friedrich Fontanes und Heinrich Hauers Im Theodor-Fontane-Archiv befindet sich im Teilnachlaß Friedrich Fon­tanes die maschinenschriftliche Abschrift einer Aufzeichnung des dritten Sohnes unseres Dichters unter dem Titel:Pierre Barthelemie Fontane und Auszüge aus der 1834 in Quedlinburg gedruckten Selbstbiographie* des damals in Suderode im Ostharz lebenden und wirkenden Pädagogen Heinrich Hauer, der den Großvater Theodor Fontanes persönlich ken- nengelemt hatte.

Friedrich Fontane berichtet: Vom alten Pierre Rouanet, dem Großvater meiner Mutter, wußte ich viel, von dem Großvater meines Vaters dagegen wußte ich nichts. Zwischen den beiden Pierre Barthelemys waltet eine nicht alltägliche Duplizität. Räumlich voneinander knapp 75 km getrennt, verbrachten sie den größten Teil ihres Lebens, der eine in Berlin, der andere in dem südöstlich davon gelegenen Städtchen Beeskow. Beiden Männern war es vergönnt, ihre Arbeitskraft in den Dienst unserer Mark Brandenburg zu stellen. Ja, selbst das gleiche Amt eines Stadtkämmerers hätten sie bekleidet, wenn nicht der alte Fontane von einem Jahre andauernden Augenleiden befallen worden wäre. Eine Parallele besteht selbst darin, daß jeder der beiden dreimal verheiratet war, und daß ihre sechs Frauen mit einer Ausnahme begüterten Familien aus unserer Mark entstammten. Bacher, Brauer, Fleischer, Schneider waren darunter vertreten. Nur in ihrem Glaubensbekenntnis wichen die beiden Pierres von einander ab. Der alte Fontane war Calvinist, das heißt französisch-reformiert, während der alte Rouanet trotz seiner drei evangelischen Frauen katholisch blieb.

Pierre Barthelemy ist daran schuld, daß der ursprüngliche Name Fon­taine, durch Fallenlassen des kleineni in Fontane umgewandelt wurde. Pierre Barthelemy schrieb sich bis 1795 aller Wahrscheinlichkeit nach noch Fontaine.

Der Begründer unseres Berliner Familienzweiges war ein Strumpf­wirker, Jacques Fontaine, der in Nimes im Languedoc als Sohn des Kaufmanns Pierre Fontaine am 26. Februar 1662 geboren war. Aber es ist nicht der erste Fontane gewesen, der in die kurfürstlichen Staaten flüchtete. Das war auch ein Jacques, aber ein stud. med., dessen Name bereits 1690 zusammen mit zweiunddreißig anderen Refugies erwähnt wird. Die Heimat dieses stud. med. Jacques war die Saintonge, das alte von der Charente durchflossene, im Süden an die Gironde grenzende Gouvernement. Hier war die eigentliche Hochburg des Hugenottentums. Und hier stand auch die Wiege unseres Geschlechts.

Ältester Sohn des Strumpfwirkers Jacques Fontaine war der Zinngießer Pierre Francois Fontaine. Der Vater unseres Pierre war ebenfalls Ber-

* Die Unterlagen verdanken wir Herrn Dietrich Wilde, Peine. Heinrich Hauer wurde am 24. 2. 1763 in Wegeleben, Kreis Halberstadt, geboren und starb am 8. 3. 1838 zu Quedlinburg.

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