Konstellation nach sich gezogen. Die trostlose Lage und das Elend der Familie wird noch vermehrt, als dem kranken Mann nun auch die zweite Frau einem Nervenfieber erliegen sollte. „Am 24. Januar 1807“, registriert er müde auf seinem Zettel — „morgens gegen 8 Uhr starb meine liebe Frau Anne Marie, geb Reimann, in Liegnitz, und im März desselben Jahres verließ ich diese Stadt.“ Fünfzig Jahre alt traf er krank und gebrochen mit seinen drei Jungen im Jahre 1807 wieder in Berlin ein.
Anfang Juli wird der Friede von Tilsit geschlossen. Auch die königliche Familie kehrt zurück, und Pierre, in höchster Not, muß gleich an die königliche Huld und Gnade appelliert haben. Nicht umsonst! ... Schon am 12. Dezember 1807 ergeht eine Kabinettsorder, durch die der Kastellanposten von Schloß Schönhausen unserem Pierre übertragen wird. Ein Satz darin lautet: „Wiewohl er bei den angezeigten Umständen über die bloße Einbehaltung seiner Pension aus der Schmiedeberger Kämmerei usw. sich nicht beklagen könne“. — Pierre dankt sofort, „daß er mit seinen unmündigen Kindern durch diese Ernennung aus einer trostlosen Lage befreit worden sei.“
Als ob mit dem Eintritt der dritten Frau in die Familie der gute Stern unseres Pierre wieder zu leuchten beginne^ gestaltete sich der dreiundeinhalb Jahre währende Aufenthalt in Schönhausen wirtschaftlich und gesundheitlich für Pierre und die Seinen recht günstig. Wie er und wo er seine dritte Frau kennen lernte, war nicht in Erfahrung zu bringen. Gerade diese Tagebuchseiten sind herausgeschnitten. Außer der kurzen Mitteilung auf einem Zettel: „Meine jetzige Frau Friederique, geb. Werner, aus Breslau, habe ich in Kl. Schmogerau bei Wohlau in Schlesien am 5. März 1808 geheiratet“, gelang es uns nur, die Abschrift des Trauscheines der evangelischen Kirchengemeinde Beschine zu erlangen: „Der wohlgeborene Herr Peter Barthelomäus Fontane, königl. pr. Geheimsekretär aus Berlin, ist mit der wohlgeborenen Dem. Charl. Friederique Werner aus Kl. Schmogerau, des weil. Wohlgeb. Herrn Karl Friedrich Werner königl. Geheimrats und zweiten Stadt- und Polizeidirektors in Breslau hinterlassenen Tochter erster Ehe, auf dem Schloß in Kl. Schmogerau von dem Herrn Pastor Brand aus Hermmotschlwitz getraut. Alter des Sponsus nicht angegeben, Alter der Sponsa: 29 Jahr.“
Unseren Pierre Barthelemy als guten Sohn, Gatten und Vater zu zeigen, bedarf noch einiger Worte. Pierre Barthelemy hat ein Tagebuch geführt. Es hat die Ausstattung der damaligen Zeit: Diarium/Format, Lederrücken und -Ecken mit verblaßten Goldarabesken, handmarmorierter Deckel und Vorsatz, Rotschnitt und das übliche haltbare deutsche Büttenpapier. Fast dreiunddreißig eng beschriebene Seiten, in der zierlichen Schrift des einstigen Zeichenmeisters, haben die Aufzeichnungen wohl der bemerkenswertesten Begebenheiten aus seinem Leben enthalten. Alles kurz, prägnant, nüchtern, gewissermaßen im Telegrammstil. Aber bis auf ganz wenige Blätter existieren sie nicht mehr, — sie sind heraus^ geschnitten worden. Kein anderer, als die dritte Frau hat diese Blätter kassiert. Auf Seite 39 steht die letzte Eintragung ihres Mannes unterm
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