Den Schilderungen Friedrich Fontanes lassen wir den Bericht des Lehrers Heinrich Hauer, der in seinem Leben mehrere Male mit Pierre Barthe- lemy Fontane zusammentraf, folgen. Hauer erhielt im September 1800 von Fontane folgenden Brief: „Ihr vorzügliches kleines Werk über die Freuden der Kindererziehung lese ich bereits zum drittenmale. Auf Befehl Ihrer Majestät der Königin, welche es gleichfalls mit dem höchsten Vergnügen gelesen, muß ich die Allerhöchst eigenhändig unterstrichenen wichtigsten Stellen abschreiben und auf diese Art daraus einen kleinen Auszug bilden, welchen Sie bei Sich tragen will; übrigens hat Sie mir befohlen, diesem kleinen Werk einen vorzüglichen Platz in Ihrer Bibliothek anzuweisen. Ihre Majestät sehen mit Vergnügen Ihrer neuen Arbeit, welche sie unter den Titel: ,Eine Lustreise mit den Kindern in einige Gegenden des Niederharzes 1 angekündigt haben, entgegen, und werde nach Ihrer mündlichen Äußerung auf 10 Exemplare pränume- rieren.“ Berlin, den 10. September 1800. Der Geheime Cabinets-Sekretär Fontane.
Pierre Barthelemy Fontane hatte Heinrich Hauer u. a. mitgeteilt, daß ihn in Rüdersdorf, Mark Brandenburg, die freiwerdende Lehrerstelle angeboten wird. Hauer hatte sich daraufhin, bevor er eine feste Zusage geben wollte, die Besichtigung des Ortes Vorbehalten. Am 7. April 1801 trat er von Suderode die Reise an. Er hatte den Auftrag, sich auf der Rückreise der Königin vorzustellen. Hauer schreibt: „Mit dem Osterfeste war der Hof auch wieder nach Potsdam gegangen. Als ich dahin kam, fiel es mir ein, daß ich doch wohl dem Kabinetts-Sekretär, Herrn Fontane, meine Aufwartung und meinen Dank abstatten müsse, indem derselbe viel dazu beigetragen haben konnte, daß mir die huldvollsten Auszeichnungen zu Theil würden; und demselben auch meine Gründe bekannt zu machen, warum ich nicht nach Rüdersdorf gehen konnte.
Die Aufnahme bei demselben war höchst menschenfreundlich. — Mit wirklicher Furcht betrat ich das große Schloß, worin der Kabinetts- Sekretär seine Wohnung mit hatte; aber die edle und freundliche Aufnahme lösten sehr schnell die Fesseln des Herzens und der Zunge. Herr Fontane fand meine Gründe sehr billig und meinte: ,Er an meiner Stelle würde dasselbe tun. 1 — Damit ich aber die Reise nicht ganz umsonst gemacht haben sollte, versprach er mir, bei Ihrer Majestät, der Königin Louise, durch ein Fürwort darin zu wirken, daß mir die Reisekosten ausgezahlt werden möchten. Er nahm die Schriften, welche ich wegen dem Rüdersdorfer Schuldienst hatte, und ging damit zu der Königin. Mit ängstlicher Furcht verweilte ich ein Viertelstündchen in dem Zimmer des Herrn Fontane. Als er wieder zurück kam, brachte er mir die ganz unerwartete Nachricht: Ihre Majestät die Königin, wünschten mich den andern Tag um 10 Uhr persönlich zu sprechen. — Dieses machte einen schreckhaften Eindruck auf mich. Denn man denke sich meine sehr einfache Erziehung; meine wenigen Verhältnisse, welche ich mit Menschen aus den höheren Ständen gehabt; meine sehr hohe Vorstellung von einer Königin, welche gewiß viele mit mir teilen, welche so entfernt von Höfen gelebt und nie eine so erhabene Mutter eines
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