Der feste Tunnelschacht.
Wir ruhen beim Gesänge Von unsren Mühen aus.
In einem Rückblick auf die Entwicklung des Tunnels stellt Adolf Löwenstein 1852 befriedigt fest:
Dem Schicksal entflohn, dem Leben entrückt,
Wie lebte der Tunnel-Bruder beglückt!
Ein anderes schon ca. 1830 entstandenes Gedicht von dem Kaufmann Friedrich Maisan hatte diese Zurückgezogenheit, die Welt- und Lebensferne des Tunnels sogar als notwendige Voraussetzung der Kunst hingestellt:
Wir sind hier versammelt zu löblichem Tun,
Drum laßt uns den Tunnel beginnen.
Die Sorgen des Lebens, sie mögen jetzt rahn,
Im Meere der Zeiten verrinnen.
Denn wer sich dem Dienste der Musen will weihn,
Der muß sich von irdischen Qualen befrein,
Sonst tönt ihm die Saite der Lyra nicht rein,
Nie wird ihm was Hohes gelingen.
Es liegt auf der Hand, daß diese Auffassungen, wonach sich der Tunnel prinzipiell von der „Welt da draußen“, wie Fontane in einem Protokoll formulierte, unterscheidet und wonach der Tunnel ein dem Weltgetriebe entrückter Ort ist, mehr bekunden, als nur öffentlichkeitsscheu. Sie besagen vielmehr, daß der Tunnel jeder Berührung mit der „Welt“, jeder Auseinandersetzung mit ihr auswich und, mehr noch, Weltfremdheit und Ruhe überhaupt als Voraussetzungen künstlerischen Schaffens betrachtete. So münzt der Tunnel die selbstgewählte Isolierung, deren Ursache nur in seiner politischen Rückständigkeit und in seinem Mangel an künstlerischem Vermögen gesucht werden kann, in eine künstlerische Notwendigkeit um.
Der ästhetische Quietismus, der aus Maisans Versen spricht, gehörte zu den im Tunnel anerkannten Prinzipien und bildete ein tragendes Element der Kunstauffassung des Vereins.
Freilich gibt es keine vereinsoffizielle Tunnel-Ästhetik, aber man darf annehmen, daß die Behandlung ästhetischer Probleme in den Gedichten eines führenden Mitglieds, nämlich Wilhelm von Merckels, die kunst- theoretischen Überzeugungen der Mitglieder im wesentlichen getreu widerspiegelt. Diese Annahme findet zumal in den im Tunnel vorgetragenen literarischen Arbeiten und in der Tunnel-Kritik ihre Bestätigung. Auch Merckel ist ein Vertreter der quietistischen Ästhetik. Es ist Merckels Protokoll vom 13. November 1846 gewesen, in dem gegen Fontane (der „Jung-Emmi“ gelesen hatte) der Vorwurf erhoben wurde er verfolge eine „quasi tendenziöse Richtung, die der Kunst ihr Höchstes, die Ruhe, zu entwinden strebt“.
Wilhelm von Merckel hat sich zu ästhetischen Fragen in Gedichten wie „Das Leben und die Kunst“ (1843), „An die Muse“ (1844), „Aufnahme-
218