Am Rande sei noch Laura Marholm erwähnt, die Frau Ola Hanssons, die sich in Berlin auch schriftstellerisch betätigte und vor allem für die Frauenemanzipation eintrat. Anfangs hielt er sie noch für ein ganz „eminentes“ Frauenzimmer' 10 , später waren ihm ihre „hypergeistreichen Artikel“, in denen sie fast immer fordere „auf den Altruismus kommt es an“ 31 zuwider. In ihrem Fall wird noch einmal Fontanes ambivalente Haltung dem Phänomen Ibsen gegenüber sehr deutlich. Sie ist eine Vertreterin Ibsenscher Ideen und ihm schon aus diesem Grunde suspekt, der all diesen „Ibsenschen Eheblödsinn“ 32 mit Skepsis betrachtet.
Im ganzen zeigt sich also ein sehr enges, konventionelles Bild der dänischen Literatur. Daß er Jacobsen gekannt habe, wie die Herausgeber der Fontane-Ausgabe der Nymphenburger Verlagsanstalt annehmen, erscheint ziemlich zweifelhaft. Der Zusammenhang, in dem „Jacobson“ dort steht, ist nicht dazu angetan, auf J. P. Jacobsen zu schließen, der schließlich kein Bühnenautor des leichten Genres war und dessen Romane und Novellen wohl kaum in Konkurrenz zu Lindau gestanden haben/ 11
Auf dem Gebiet der Malerei hatte Fontane eine ziemlich große und überraschende Kenntnis. Das zeigt sich insbesondere bei seinem Aufsatz über die „Dänische Malerschule“, wie er sie nennt, also dänische Künstler seit der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts bis hin zu seinen Zeitgenossen. Der Artikel hat einen leicht polemischen Unterton. Er ist gegen die Nationalisierungstendenzen, die er aus den Sujets der dänischen Maler herausliest, gerichtet. Dabei übersieht er aber, daß es neben dem von Hoyer 1844 aufgestellten Programm zur Erlangung und Stärkung einer nationalen Kunst internationale Bewegungen sind, die zu Rückschlüssen auf das Nationale führen. Die Romantik in Deutschland enthielt auch Richtungen dieser Art, enthielt auch einen pangermanischen Einschlag, ebenso wie die dänische Romantik auch die Tendenzen des Skandina- vismus enthielt. Darüber hinaus spielen natürlich auch die politischen Gegebenheiten mit hinein. Die Frage der Existenz eines dänischen Staates stand nach dem Verlust Norwegens 1814 und dem drohenden Verlust Schleswig-Holsteins zur Debatte. In einer solchen Situation werden auch nationalistische Töne in die Kunstdebatte eingebracht. Fontanes Kenntnisse der dänischen Malerei beruhen vor allem auf dem Besuch der Kgl. Gemäldegalerie im Christiansborger Schloß am 11. September 1864. Abgesehen von der Diskussion, ob es nun eine „dänische Malerschule“ gebe oder ob es sich nicht vielmehr um eine Gruppe von Malern handelt, die sich bestimmte Sujets in einem nationalen Bereich vorgenommen haben, gibt der Aufsatz dem Publikum eine Reihe von Namen und Bildtiteln. Auf genaue Beschreibungen verzichtet er. Ihm erscheinen die malerischen Ausdrucksmittel denen der Düsseldorfer Schule os nah verwandt, daß er zur Charakterisierung sagen kann, die Bilder sähen so aus, wie „Bilder dieses oder jenes Schülers von Achenbach, von R. Jordan und anderer Düsseldorfer“. 34 Seiner Meinung nach wiegen Cornelius und Kaulbach die gesamte dänische Malerei leicht auf, da es sich fast nur um Genremaler handele.
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