Heft 
(1978) 27
Seite
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Doch steht die Schleswig-Holstein-Frage nicht im Vordergrund des Ge­schehens. Es würde auch durch die Wahl des Jahres 1859 bedingt nicht angemessen sein, diese Frage besonders zu betonen. Im Schatten der Auseinandersetzungen Österreichs mit Frankreich und Sardinien waren die deutsch-dänischen Probleme in den Hintergrund gerückt. Selbst die Demission des Kabinetts Hall hatte mit der schleswig-holstei­nischen Frage nichts zu tun, obwohl er eine gemäßigte Politik vertrat, die nicht in die Linie der erstarkenden eiderdänischen Partei paßte Sie war vielmehr bedingt durch seine Forderung, den Kammerherm Berling, der durch sein Verhältnis zur Gräfin Danner kompromittiert war, vom Hofe zu entfernen. Ihm folgte vom November 1859 bis Februar 1860 das Bauernkabinett Rottwig, das der Gräfin Danner nahestand, sich aber nicht halten konnte, und von einem neuen Kabinett Hall abgelöst wurde.Unwiederbringlich ist kein politischer Roman, obwohl er sehr stark das Moment des nationalen Abstiegs Dänemarks durch vielerlei Hinweise und Symbole akzentuiert. Es ist nicht von den brennenden Problemen der Innen- und Außenpolitik die Rede, aber von den vielen Skandalen, der Leichtfertigkeit und dem Desinteresse an Fragen, die sich nicht in pikanten Anekdoten umsetzen lassen. Es ist das Leben am Rande des Vulkans, insofern vergleichbar mit dem ancien regime, als deren Vertreterin die Prinzessin dargestellt wird. Betont wird die Rückwärcs- gewandtheit des Lebens, das Interesse für die große Vergangenheit des Landes, die sich vor allen Dingen in der Leidenschaft des Königs für die Archäologie ausdrückt, auf die immer wieder angespielt wird. Ein besonderes Motiv ist dabei die Abhandlung über dieRiesenbetten"; Hier kommen die beiden Charakteristika König' Friedrichs VII. zusam­men: Seine Affäre mit der Gräfin Danner, geb. Rasmussen, und seine Leidenschaft für die nordische Altertumskunde.

Weil die Politik nicht im Mittelpunkt steht, kann Fontane nach dem Muster des historischen Romans fiktive und reale Personen miteinander vermischen. Den realen Personen wird dabei immer nur eine Randrolle zugewiesen. So werden in einem Gespräch imVincent, dem Vorläufer des Hotels dAngleterre am Köngens Nytorv, wo auch Fontane 1864 wohnte, de Meza, du Plat und Tersling genannt. Das ist natürlich Anlaß, verschiedene Anekdoten über de Meza zu erzählen, eine Figur, die Fontane immer wieder gereizt hat. Es kommt zu keinem Gespräch zwischen diesen Personen und Holk. Auf diese Weise verhindert Fontane, allzusehr auf die Einzelheiten der militärischen und politischen Lage 1859 eingehen zu müssen. In dieser Szene unterlaufen Fontane übrigens zwei seiner wenigen Fehler, als er von de Meza behauptet, sein Vater sei Schiffsarzt gewesen und habe sich dann in Kopenhagen niedergelas­sen, und indem er Tersling einen zu hohen militärischen Rang zu- gesteht. 415

Diese Namen waren Fontane aus seinem Kriegsbuch natürlich ebenso bekannt wie z. B. der des Pastors Schleppegrell, der allerdings nicht an der Kirche in Hillerod amtierte, sondern in Broacker, wo er 1864 eine zwielichtige Rolle an derNachrichtenbörse spielte. Einer Untersuchung

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