Im 14. 15. Jahrhundert machte sich in der Mark Brandenburg ein starker Bevölkerungsrückgang bemerkbar, der nur im Zusammenhang mit der allgemeinen ökonomischen Lage in Deutschland zu erklären und zu verstehen ist. Durch die einsetzende Agrarkrise kam es zu einer spürbaren Verschlechterung der Situation der Bauern wie die der Feudalherren. Durch schleche Bodenbewirtschaftung infolge verstärkter Ausbeutung sank die Produktivität des Bodens von Jahr zu Jahr, und vielfach waren die Bauern zur Aufgabe ihrer Felder und zur Übersiedlung in die Stadt gezwungen (Landflucht). Erst an der Wende zum 16. Jahrhundert wurden die alten Wüstungen 8 neubesiedelt. Die adligen Grundherren strebten die Errichtung großer Eigenwirtschaften an, wodurch sie eine stärkere Bindung der Bauern an die Feudalherren und gleichzeitig eine Stabilisierung ihrer Machtstellung gegenüber den Bauern erreichten.
Fontane gab über die Zeit nach der Ostexpansion kein derartiges umfassendes Bild von der Geschichte der Mark wie vorher. An einzelnen Stellen lassen sich allgemeine Entwicklungstendenzen der nachfolgenden Epoche ablesen, aber ein genaues und tiefes Eindringen in die Geschichte findet man, von Ausnahmen abgesehen, jetzt bei adliger Familienhistorie. Es soll dennoch versucht werden, die Geschichte der Mark Brandenburg auch aus dem Blickwinkel Fontanes weiter zu verfolgen. Im Kapitel „Burg und Jagdhaus Bötzow von 1200—1650" (Havelland) schreibt Fontane: „Das Elend des Landes stand damals auf seiner Höhe; wie ein hingeworfener Fetzen lag es da, von dem jeder Nachbar, ja jeder ehrgeizige Vasall im Lande selbst, glaubte nehmen zu dürfen was ihm gut erschien.“ IJ Gemeint ist die Zeit um 1402, die Zeit der „negativen Siedlungsperiode“, der Agrarkrise, der Landflucht. Wieder beschreibt Fontane nur die Erscheinungen, das Wesen dieses Elends bleibt ungenannt.
lim die Darstellung lückenlos fortsetzen zu können, muß ein Aufsatz Fontanes herangezogen werden, der nicht in die „Wanderungen“ aufgenommen wurde: „Die Mark und die märkischen Kriegsobersten zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges“. Es geht um Fontanes Verständnis der preußischen Geschichte, die seiner Meinung nach mit dem Regierungsantritt des Kurfürsten Friedrich Wilhelm 1640 ihren Anfang genommen hat. Zunächst gibt Fontane ein Bild der Mark vor und während des Dreißigjährigen Krieges: „Mark Brandenburg war damals der wenigst glänzende Edelstein in der deutschen Krone; wir besaßen weder Schönheit der Natur noch Hoheit der Sitten, weder Hervorbringung der Kunst, noch Liebenswürdigkeit der Menschen; nichts hatten wir, auch nicht einen Mann, durch den wir für Gesamtdeutschland ein Glück, ein Segen, ein Muster gewesen wären. Mark Brandenburg war der letzte in der Klasse: unmanierlich, malpropre, faul.“ 10
Erst der Dreißigjährige Krieg legte nach Fontanes Meinung in den einzelnen Männern das Fundament für das Kommende, für den bran- denburgisch-preußischen Staat, der sich durch seine militärische Stärke
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