Menschenverstandes den dämonisch-obskuren, rätselhaften Zauber, den mystischen Schleier, wie er über Hilde in „Ellemklipp“ ausgebreitet ist, wenn auch nicht zu lüften, so doch aber unbefangen und respektlos wenigstens zu benennen und erkennend auch zu kommentieren. In einem ihrer oftmaligen „plattdeutschen Diskurs(e) über Hilde“ 10 heißt es zwischen dem Knecht Joost und der Hausmagd Grissel:
„Se kümmt noch nich“, sagte sie, „Se sitt noch. Un wenn ook nich, se hürt joa nich un seiht joa nich. Un is ümmer as in Droom.“
„Joa“, bestätigte Joost. „Un ick weet nich, wo’t ehr Sitten deiht.“
„Wo’t ehr Sitten deiht? In de Oogen sitt et ehr.“
„Gott“, entgegnete Joost, der wohl wußte, was Grissel gern hörte, „se hett joa goar keen’ un pliert man ümmer. Un ick weet nich, hett se se upp oder hett se se to.“
„Dat is et joa groad. Un all sünn, wo keen’ een weten deiht, wo se hier sinn un wo nich, de sinn so un behexen dat Mannstüg. Un vunn’l Mannstüg is een as de anner is, un jungsch o’r olsch is goar keen Unner- schied. Un uns’ Martin is närrsch, un uns’ Oll’ is närrsch, un Sörgel is ook närrsch. Un jed een kuckt ehn na de Oogen, un jed een glöwt, he wihrd wat finn’n. Awers he finndt nix. Un du kuckst ook ümmer.“ „Ick?“ sagte Joost etwas verlegen. „I, nei. Glöwst- du? Doh ick?“
„Joa, du deihst“, wiederholte Grissel. „Un nu hür, wat mi mien Oll- Großmutter all ümmer vörseggen deih:
Plieroog Un Jungfernkinn,
Alle beed vun’n Düwel sinn ... “
„Düwel sinn“, wiederholte Joost.
„Un moakens ook de Oogen to,
De sloapen nich, de dohn man so.“
„Joa, joa“, lachte Joost. „Ick hebb ook all so wat hürt.“ Und setzte dann mit aller ihm möglichen Pfiffigkeit hinzu: „Na, denn möt ick man uppassen.“
„I, du nich“, sagte Grissel. „Du bist man simplig, un d i dohn se nich veel. Awers anner Lüd. Un dat segg ick di: et is nich richtig mit em.“ „Mit uns’ Martin?“
„Mit e m ook nich ... “ 11
Für Fontane bedeutet das in seinen Büchern verwendete Plattdeutsch nicht etwa, nur äußerer Schmuck oder exotisches Beiwerk zu sein, um lediglich dem Zeitgeschmack zu frönen, dessen Gunst dem Erdverbunden- Mundartlichen gehörte; Fontane gebraucht das Plattdeutsche sehr bewußt als künstlerisches Mittel, als Gestaltungsapparat, dem teilweise sogar der Stellenwert eines konstitutiven Elements zukommt.
Ohne auch nur entfernt den Rang eines ästhetischen Baubestandteils Fontanescher Dichtkunst beanspruchen zu können, aber darum nicht minder interessant sind die Textstellen, mit denen Fontane verschiedenartige Bezüge freundlichen Gedenkens an Fritz Reuter und dessen Werk, insonderheit die „Stromtid“, herstellt.
„Friedrich, alter Pomuchelskopf“,* 2 so wird der Diener in „L’Adultera“ genannt. Pomuchelskopf bedeutet soviel wie Dorschkopf (von Pomuchel,
287