Heft 
(1978) 28
Seite
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Fakten und Gesichtspunkte zusammengetragen worden, und es mag für den Leser der Fontane-Blätter, der ja über die vielfältige Pflege des Fontanesdien Erbes, die durch die Verlage der DDR, die Fontane-Blätter, das Fontane-Archiv in Potsdam und das Fontane-Zimmer im Neurup- piner Museum geleistet wird, hinreichend informiert ist, von Interesse sein zu erfahren, wie das literarische Erbe Reuters heute in der DDR, in seiner mecklenburgischen Heimat und insbesondere in seiner Vater­stadt. Stavenhagen bewahrt, gepflegt und rezipiert wird.

In Stavenhagen gibt es seit den Feierlichkeiten zum 150. Geburtstag Fritz Reuters im Jahre 1960 das Fritz-Reuter-Literaturmuseum. Es ist keine Neugründung,sondern steht in einer Traditionslinie, die, wie bescheiden sie auch war, bis ins Jahr 1910 zurückreicht. Zu dieser Zeit nämlich wurde das Geburtszimmer Reuters im Stavenhagener Rathaus als Reuter-Stube hergerichtet und der Öffentlichkeit übergeben. Nach mehreren Versuchen in den Jahren 1949 und 1954, die Reuter-Stube in ein Reuter-Museum umzuwandeln, was aber immer nur in Ansätzen gelang, wurde das Reuterjahr 1960 der Anlaß, eine größere, repräsen­tative Stätte musealer Reuterwürdigung zu konzipieren und zu schaffen.

Die Stavenhagener Stadtverwaltung räumte ihr Rathaus, worin Fritz Reuter als Sohn des Bürgermeisters am 7. November 1810 geboren wurde, und stellte es für den Aufbau eines Reuter-Museums im Frühjahr 1960 zur Verfügung. Das Reuter-Literaturmuseum ist in 11 Räumen eingerich­tet worden, von denen der Geburtsraum des Dichters, gestaltet als bürgerliches Wohnzimmer aus dem Anfang des vorigen Jahrhunderts, die größte Anziehungskraft besaß.

Sonst aber mußte das neugestaltete Reuter-Literaturmuseum Staven­hagen überwiegend mit musealen Hilfsmitteln, Sekundärquellen und Fotoreproduktionen ausgestaltet werden; denn es fehlte der Sammlungs­fundus. An ihm, d.h. an seiner Vervollständigung, wurde in der Folge­zeit von 1960 bis 1974 zielstrebig und mit großer Umsicht gearbeitet, so daß 1974, bei der Umgestaltung und abermaligen Erweiterung des Reute^-Literaturmuseums aus Anlaß des 100. Todestages Reuters entschie­den bessere Voraussetzungen herrschten. Die Sammlungen boten nun eine Fülle seltener Primärquellen, z. B. mehrere komplette Werkhand­schriften und etwa 250 Originalbriefe Reuters, sämtliche Erstausgaben seiner Werke, wertvolle Porträts des Diditers und von Zeitgenossen, zahlreiche Illustrationen seiner Bücher und Hunderte Stahlstiche und Steindrucke von Stätten und Städten, in denen Reuter gelebt und gear­beitet hat.

Das 1974 neugestaltete Fritz-Reuter-Literaturmuseum setzt sich das Ziel, Leben und Werk Reuters in ihrer Wechselwirkung auf die politischen, ökonomischen und sozialen Verhältnisse in Deutschland und speziell in Mecklenburg zwischen 1810 und 1874 darzustellen. Das gestaltete Reuter­bild würdigt den aufrechten Demokraten, kritischen Realisten und volksverbundenen Humoristen, ohne den Blick vor den Widersprüchen in seiner Entwicklung zu verschließen.

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