Heft 
(1978) 28
Seite
310
Einzelbild herunterladen

Sohn inarmis (unbewaffnet), mithin Inquisitus von deßen Aggression weder einen Verlust des Lebens noch seiner Gliedmaßen zu befüchten gehabt, überdem Inquisitus anlaß zum Zank gegeben, da Er seinen Sohn nach Aussagen seiner Frau und Tochter Hundvottichen und Huhren- junge gescholten, anbei auch weiterem Übel Vorbeugen können, wenn Er ruhig in der Cammer geblieben und sich zu Bett gelegt. Zur Wahrheits­findung fordert er,sofern demselben nicht gleich die Todesstrafe zu­erkannt werde, Er durch den 2 len Grad der Peinlichkeit anzuhalten sei, die Wahrheit zu bekennen." I#

Der Forderung nach Anwendung der Tortur wird entgegengehalten, daß durch diese erfahrungsgemäß kaum die Wahrheit gefunden wird, sondern nur erpreßtes Geständnis, das schnellstens die Qual verkürzt, außerdem die Tortur in Preußen verboten,daher in Grafschaft Wernigerode nicht leicht zu attribiren (wieder anzuwenden). 10

In die Vorgeschichte führen noch einmal andere Zeugenaussagen zurück, die auch den Eindruck vom Charakter des Sohnes und des Verhältnisses zwischen Vater und Sohn vertiefen. Der vierundzwanzigjährige Johann Christoph Eisenbeil bezeugt, daßder Sohn schon 6 Wochen vor der Entleibung seinen Vater auf die Erde gerannt, und wie er in die Cammer gehen wollte, nochmals zurückgerißen und auf einen Schemel gerannt. Dies wiederholt praktisch Johann Andreas Kelle, vierzig Jahre:Er habe gesehen, daß der Entleibte seinen Vater Inquisitum alß er aus der Stube in die Cammer gehen wollte, mit Gewalt auf einen Schemel gerannt, und daß Inquisitus sich seines Sohnes zwar widersetzen wollte, aber nicht gekört.- 0 Die Schlußbemerkung gilt über den vorgetra­genen Fall hinaus. Es kann kaum vom Alter her bedingt sein, daß der Vater in körperlicher Kraft dem Sohn nicht gewachsen ist. Da er 1737 in den Anfangsstand seiner Jäger- und Försterlaufbahn berufen wird, der Sohn vier Jahre alt ist, kann der Vater kaum dreißig Jahre alt sein, demnach 1752 noch nicht fünfzig. Aber er war 1748 schwer erkrankt, und diese Krankheit wird ihn auch fernerhin geschwächt haben. Greift er daher zu seiner Verteidigung zu einer Waffe, zum Hirschfänger, so weiß oder fühlt er, daß seine Körperkraft allein ihn nicht schützen würde. Die Aussagen und Gutachten zusammenfassend, ergibt sich der Tat­bestand, daß in das dienstlich erfolgreiche, von Vertrauen getragene Leben des Försters Bäumler, in das bürgerlich und kirchlich normale Familienleben der Sohn Johann Michael als ein störender, aufbegehren­der Faktor einbricht, sowohl zum Leid der Familie hinsichtlich der oft tätlichen und unflätigen Auseinandersetzung mit dem Vater als auch in dem bereits bezeugten dienstlichen Mißtrauen. Dem durch Krankheit geschwächten Vater tritt der Sohn mit überlegener Kraft entgegen und nutzt sie auch schamlos aus. Der Spätabend des 27. Juni 1752 läßt wieder Vater und Sohn aufeinanderprallen, da der Sohn es nicht ertragen kann, bei der Heimkehr vom Vater gerügt zu werden. Der Vater ist entrüstet, weil der Sohn ihm zuruft, ins Bett zu gehen. Daraufhin läßt sich der Sohn hinreißen, den Vater zu packen, in die Schlafkammer zu drängen und ins Bett zu schleudern. Als der Vater versucht, die

310