Heft 
(1978) 28
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geworfen, ihn mit dem bloßen Hirschfänger bedroht, und durch solche u. d. g. boßhafte Aufführung sich dies Gottes-Gericht zugezogen. Inquisit war in einer kleiner Cammer, und da der Sohn die Thür mit einer Furie aufstieß, so konnte er nicht ausweichen... Daher er in der consternation wohl hat mögen das nechste das beste zu seiner Errettung und sich vordem insultiren (Beleidigen, Belästigen) seines Sohnes erweh­ren, ergriffen. Inquisit hat nicht entfliehen können. Inquisit war injucta aggressus (zum Angriff getrieben). Inquisit war in Gefahr Leibes, Lebens. Inquisit war nicht schuldig mit der Gegenwehr zu warten, biß er geschlagen worden. Die unglückselige That ist in der finstern Cammer geschehen. Weder der erstochene Sohn hat den eigentlichen Vorgang erzählen können, noch haben die Mutter und Schwester, als die nicht in der Cammer zugegen geweßen, etwas davon gesehen. Daher sehr glaublich, da alles auf des Inquisits Erinnerung beruht, daß Inquisit es selbst in consternation nicht wißen können, wie es zugegangen, und ob, indem der Sohn in die Cammer hereingestürmt, und er den Hirsch­fänger vorgehalten, er nicht im Schrecken motus quasi involuntaris (gleichsam ungewollt bewegt) zugefahren, und also so wohl der Sohn gestochen als daß dieser sich hinein gerannt.

Tortur zur Wahrheitsfindung nicht zu empfehlen, Tortur in Preußen aufgehoben, daher in Grafschaft Wernigerode nicht leicht zu attribiren. Zwar möchte es fast das Aussehen gewinnen, als ob gar keine poena in cura subtrata (in vorliegender Angelegenheit) Statt finde. Indem nur eigentlich datum in delicto homicidii (die aktive Hingabe beim Ver­brechen des Menschenmords) bestrafft wird, dieser aber noch obiger allegatio (Darlegung) Inquisit» nicht kann imputiert werden, da im Const. Crim. Art. CXL expresso (ausdrücklich) sagt: so er also den Benöthiger entleibt, ist er darum nichts schuldig, it. ist ohne alle Straff. So bleibt es wohl dabey, daß der Inquisit peona extraordinaria Zu Buß und Beßerung zu bestrafen, und wo nicht ad dies vitae (lebenslang), doch eine ziemlich Anzahl Jahre zu Gefängnüß oder Festungsbau zu con- demniren (verurteilen). 21

Die vorhandenen Unterlagen enden und weisen auf das wahrscheinliche Urteil. Dem Leser aber, sei er nun Fontane oder ein anderer, wird vom Archiv noch eine Notiz gereicht, keine weitere juristische Bilanz, wohl aber eine menschliche, trotz der trockenen administrativen Formulierung persönlich klärend und bewegend: Akte verlegt, daher im Wortlaut nicht vorzulegen, wohl aber registriert:Acta die durch des Waldschreibers Bäumlers Dimission veranlaßt« Veränderung deren Forstbediente und Separation des Ilsenburgischen Waldhofs von der Forst, item die Ab­nahme und Berichtigung der Bäumlerischen Rechnung bis ultimo Oct. 1749. 22

1748: Am 1. Juni verhandelt die gräfliche Regierung mit dem Ilsenburger Forstmeister Eisenbeil über die Geld- und Wirtschaftsordnung auf dem Waldhof, da Waldschreiber Bäumler schwer erkrankte. Der Forstmeister wird angewiesen, auf des Waldschreibers Sohnes Haushalt- und Wirt­schaftsführung heimlich zu achten, aus Sorge um die Gelder, aus Miß-

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