Heft 
(1979) 30
Seite
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Beispiels kann einwandfrei festgestellt werden, daß Bredel der Autor des Liedes ist, weil am Text von ihm handschriftlich eigenhändige vervollkommnende Korrekturen durchgeführt worden sind.

67 Beachtenswert sind zum Problem der Fontane-Nachfolge bei Thomas Mann fol­gende Erwägungen von Hans-Heinrich Reuter in dessen Beitrag: Fontanes Realismus (in:Fontanes Realismus. Wissenschaftliche Konferenz zum 150. Ge­burtstag Theodor Fontanes in Potsdam. Akademie-Verlag, Berlin 1972, S. 63): In dem darauf beruhenden geglückten Wagnis einer inneren, gedanklichen »Handlung* liegt die eigentliche Kunstleistung des »Stechlin*. Es ist die Trans- zendierung des Faktischen, von der die Rede war, und es ist ein Versuch auf äußerster Grenzscheide. Seinerseits ent-grenzt und nach vom geöffnet, weist das dialektische Symbol von dem, was ist, auf das, was kommen soll und wird. Den bürgerlichen Realismus des 19. Jahrhunderts angehend, so ist damit sein Endpunkt markiert und überschritten. Thomas Mann, in enger ,Stechlin-Nach- folge am ,Zauberberg* arbeitend, hat es 1920 als erster ausgesprochen. Am Rande des Grabes stehend, reißt der greise Fontane die Horizonte auf, entwirft er Programmpunkte eines künftigen Realismus. Ihre Erfüllung hängt von Ver­änderungen ab, die erst das neue Jahrhundert bringen wird. Die »furchtbare Schlatch*, von der Fontane weiß, daß sie ,dem Sieg des Neuen voraufgehen muß*, kann ihn nicht abhalten, ,diesen Sieg des Neuen zu wünschen*. (An Georg Friedlaender, 6. Mai 1895.)

Hans-Friedrich Kniehase (Herdecke)

Das Urbild des Schulzen Kniehase in FontanesVor dem Sturm

Erich Biehahn schreibt in seinem AufsatzFontanes ,Vor dem Sturm 1 Die Genesis des Romans und seine Urbilder, der Schulze Kniehase habe Namen und Charakter von einemZechiner Bauern Christian Kniehase, der während der Franzosenzeit dort Schulze gewesen war, übernommen. Dieser Abschnitt des Romans seiauf Letschiner Erinnerungen Fontanes zurückzuführen. Rosenfeld, auf den Biehahn Bezug nimmt, schildert ihn alscharaktervolle(n), energische(n) Mann von warmer nationaler Gesinnung.

Der folgende Aufsatz soll in erster Linie das Wissen über den ursprüng­lichen Schulzen Kniehase erweitern.

Christian Kniehase wurde als ältester Sohn des gleichnamigen Vaters und der Marie Höhne am 29. April 1762 zu Zechin im Oderbruch geboren. Fontane gibt ziemlich zutreffend als Geburtsdatum den Hubertusburger Frieden, also den 15. Februar 1763 an, nennt aber als Geburtsort nicht Zechin, sondern das Kolonistendorf Neu-Barnim, was im Zusammenhang mit der angeblichen Herkunft der Kniehases aus dem Rheinischen zu sehen ist. Die Einwanderung wird auf etwa 1750 datiert,als Friedrich der Große zur Trockenlegung der Sumpfstrecken des Oderbruches und zu ihrer Kolonisierung schritt. Zeugnis über die Anwesenheit des Geschlechts Kniehase in Zechin gibt aber schon ein Kaufvertrag vom 11. August 1663 über den Erwerb eines Bauerngutes durch Gregor Kniehase, einem direkten Vorfahren des Schulzen Kniehase. Somit ist sicher, daß das Geschlecht Kniehase vor der Melioration des Oderbruch-Gebietes in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und vor der 1753 einsetzenden plan-

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