Schreibung, ihr Zeitungsschatten tritt an mich heran und jede Stunde belehrt den armen Balladenmacher: daß jenseits des Berges auch Leute wohnen ." 2
Diese Englandjahre waren im einzelnen durchaus nicht immer glücklich. Vieles, was er erhofft, scheiterte: Leben und Berufskampf drüben waren schwer, und zahlreiche unglückliche Briefe sind uns aus jener Zeit erhalten. Seine Worte über das viktorianische England schwanken zwischen Lob und Tadel, wie man es nicht anders von einem kritischen Beobachter eines Landes und von einem Augenzeugen einer in Veränderung begriffenen Zeit erwarten kann. Aber was zurückblieb, verdichtete sich zu einem „Prachtstück" der Erinnerung, zu dem „Schönsten und Großartigsten" 2 , was Fontane erlebt hat: „An der Schwelle des besten Lebensabschnittes" und zu einer Zeit, wo die Entwicklung seines eigenen Landes stagnierte, war es ihm vergönnt gewesen, an dem sprudelnden Leben der größten Weltstadt teilzunehmen, und dieses Erlebnis wird zusammengefaßt in den aphoristischen Worten, die den Titel dieses Aufsatzes bilden: „Lind an der Themse wächst man sich anders aus als am ,Stechlin'.'
So ist es nicht verwunderlich, daß bei einem Romancier, dessen Gestaltung auf Finden und nicht Erfinden beruhte, der also Erlebtes, Erfahrenes, Beobachtetes und Gehörtes in sein Werk verarbeitete, das entscheidende Erlebnis seiner frühen Mannesjahre immer wieder in seinem Erzählwerk Spuren hinterließ und in irgendeiner Form oder Funktion, sei es als Gesprächsthema, Motiv oder Symbol, seinen Niederschlag fand.
In fast allen seinen Romanen finden wir Anspielungen auf England, sei es auf Land und Leute, Literatur oder Kunst, leicht eingestreut in die Konversation, wo sie wie andere Themen, ohne besondere Funktion, zur Plauderei beitragen. Auch liebt es Fontane, englische Brocken miteinzustreuen.
Von tieferer Bedeutung wird dann schon solche Plauderei in Cecile, wo das England-Thema (wobei Schottland immer miteinbegriffen ist) durch die Gestalt Gordon-Leslies stärker integriert ist. Gordon, ein in der Welt weitgereister ehemaliger preußischer Offizier, fühlt sich innerlich immer noch mit der schottischen Heimat seiner Familie verbunden und lenkt die Plauderei bei der Table d'hote daher in ganz natürlicher Weise beim Forellengang auf die Lachsforellen seines heimatlichen Kinroß-Sees. Wenn dabei auch der Name Maria Stuarts fällt und der Willy Douglas', „eines beiläufig illegitimen, also doppelt verführerischen Sohnes des Hauses", so ist damit bereits eine leise Andeutung des diffizilen Liebesthemas im Roman gegeben. Wenn dann später beim Abschied von Thale der Name der Maria Stuart in einem inneren Monolog Gordons noch einmal heraufbeschworen wird, so mit dem Namen die ganze geheimnisvolle Atmosphäre, die um Cecile und St. Arnaud herrscht:
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